Grüne Unternehmen in Deutschland
Green Startup Monitor – Datengrundlage und Zweck
Der Green Startup Monitor nutzt als Datengrundlage die Erhebungen des Deutschen Startup Monitors (DSM), der ebenfalls vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen und dem Partner KPMG durchgeführt wurde. Durch die Inbezugnahme von nachhaltigkeitsbezogenen Fragen hat das Borderstep Institut im Questionnaire des DSM eine Abgrenzbarkeit zwischen grünen und nicht-grünen Startups etabliert. Neben der Funktion des Green Startup Monitors als Analyse der innovativen und wachstumsorientierten grünen Startups in Deutschland eröffnen sich dadurch vielfältige Vergleichsmomente grüner und nicht-grüner Unternehmen.
Die Bundesregierung begrüßt die Auswertung der erhobenen Daten als „wichtige Hinweise, wie wir nachhaltigen Innovationen zum Marktdurchbruch verhelfen können.“ (Bundesumweltministerin Svenja Schulze)
Förderprogramme wie EXIST für Existenzgründungen aus der Wissenschaft betonen bereits ökologische Nachhaltigkeit als Querschnittsziel. Im High-Tech Gründerfonds von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier werden zahlreiche Clean-Tech-Startups bereits gefördert.
Monitoring-Instrumente wie der Start Green Monitor geben den Verantwortlichen aus Politik und Gründungsförderung, sowie privatwirtschaftlichen Investoren und etablierten Unternehmen eine solide Datengrundlage für die wirtschaftliche Bandbreite grüner Unternehmen in Deutschland, ihre besonderen Merkmale und Leistungen sowie spezifischen Herausforderungen.
Was kennzeichnet grüne Unternehmen? - Definition
Die im Green Start Monitor als „grün“ bezeichneten Startups zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit ihren Produkten, Technologien und/oder Dienstleistungen einen Beitrag zu den ökologischen Zielen einer Green Economy leisten. Sie repräsentieren damit die im Jahr 2016 von der UN verabschiedeten Sustainable Development Goals. Die meisten grünen Unternehmen operieren in der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche, der Energiewirtschaft, dem Mobilitätssektor oder klassischen Umwelttechnologie-Märkten. Darüber hinaus gewinnen grüne Startups in wachsender Zahl branchenübergreifend an Bedeutung.
Mit weit über eine Million geschaffener Arbeitsplätze in den vergangenen 10 Jahren sind Grüne Startups mittlerweile ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Als Motor des weltweiten Strukturwandels werden sie künftig eine Schlüsselfunktion einnehmen.
Merkmale und Verteilung grüner Unternehmen in Deutschland
Merkmale grüner Unternehmen:
- das Unternehmen ist jünger als 10 Jahre
- Jedes zweite grüne Startup in Deutschland unter den im Start Green Monitor erfassten Unternehmen befindet sich in der „Start-up Stage“. Das bedeutet, man hat ein marktreifes Angebot fertiggestellt und verzeichnet erste Umsätze oder Nutzer.
- Die andere Hälfte verteilt sich in fast gleichen Teilen auf die „Seed Stage“ (noch kein Umsatz/keine Nutzer) und die „Growth Stage“ (starkes Umsatz-/Nutzerwachstum).
- Lediglich drei von Hundert grünen Startups befinden sich in einer späteren Entwicklungsphase
- darüber hinaus ist das Unternehmen (sehr) innovativ und/oder hat ein (geplantes) Mitarbeiter-/Umsatzwachstum
- das Unternehmen leistet außerdem einen Beitrag zu den ökologischen Zielen der Green Economy
Verteilung grüner Unternehmen:
Für das Jahr 2018 kann von einer Bestandgröße von circa 23.700 Startups in Deutschland ausgegangen werden. Basierend auf den Ergebnissen des Green Startup Monitors werden rund 6.000 der Startups in Deutschland als grün eingestuft. Grüne Startups stellen 26% aller innovativen und wachstumsorientierten jungen Unternehmen.
Gemessen an der absoluten Anzahl finden sich die meisten grünen Startups in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin. In vier Bundesländern stellen grüne Startups jeweils über ein Drittel aller Startups und zwar in Sachsen, Brandenburg, Thüringen und Schleswig-Holstein. Auffallend ist, dass die neuen Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Thüringen im gesamtdeutschen Vergleich nur einen kleinen Anteil an der absoluten Anzahl grüner Startups im Datensatz haben, es in diesen Ländern aber eine deutlich überdurchschnittliche Tendenz zum grünen Gründen gibt.
In welchen Branchen und Kategorien agieren grüne Unternehmen?
Nach den Ergebnissen des Green Startup Monitors agiert jedes fünfte grüne Startup nach eigener Angabe in der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche. Damit stellen Startups aus diesen Bereichen den größten Teil der grünen Startups. Mit großem Abstand folgen darauf die Branchen Ernährung und Nahrungsmittel, Energie und Konsumgüter. Besonders die Energiebranche zeigt im Vergleich zum allgemeinen Start-up-Geschehen in Deutschland eine besondere Bedeutung für grüne Gründungen. Wird ausschließlich die Teilgruppe der besonders wachstumsorientierten Startups betrachtet, erhöht sich der Anteil der grünen Startups im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie auf 27%. Besonders wachstumsorientierte grüne Gründungen wirken also überdurchschnittlich häufig in diesem Bereich.
Innerhalb ihrer jeweiligen Branchenkategorie dominieren grüne Startups in sechs Sektoren:
- in den Branchen Energie und Elektrizität können fast acht von zehn Startups als grün eingestuft werden
- sieben von zehn Startups in der Branche Grundstoffe sind grüne Unternehmen
- sechs von zehn Startups in der Verkehrsbranche zählen dazu
- ebenfalls in der Agrar- und Landwirtschaft, der Textil- und der Chemie und Pharmabranche stellen grüne Startups jeweils die Mehrheit
- In den Bereichen Banken, Finanzen und Versicherungen hingegen sind bislang noch kaum exemplarische unternehmerische Bemühungen um den Kernfaktor ökologische Nachhaltigkeit zu beobachten.
- Bei der Selbstzuordnung der Startups zu den einzelnen Technologiekategorien zeigt sich, dass grüne Startups in vier Kategorien überwiegen: In den Bereichen EnergyTech, ChemTech und AgriTech sind sieben von zehn Startups grün. Dies trifft auch für sechs von zehn Startups im Bereich Future Mobility zu.
Warum haben grüne Startups eine besondere Bedeutung innerhalb der Unternehmenslandschaft?
Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, der Green Action Plan for SMEs der Europäischen Union oder auch die Hightech-Strategie der deutschen Bundesregierung verfolgen allesamt das Ziel einer nachhaltig agierenden Green Economy. Die Politik will Gründer dabei unterstützen, unternehmerische Chancen innerhalb dieser Transformation wahrzunehmen und fordert deshalb die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bereits in der strategischen Ausrichtung aller Gründungen und Förderprogramme. Grüne Unternehmen unter dem Aspekt Klimaschutz und Energiewende erhalten bereits jetzt politisch ein besonderes Augenmerk (z.B. das bundesdeutsche Forschungsnetzwerk Startups für Energieforschung).
Diese Einstellung zu nachhaltiger Marktwirtschaft ist mittlerweile nahezu common sense. Über 2/3 aller im Monitor-Datensatz erfassten grünen und nicht-grünen Startups verfolgen laut eigener Angabe Unternehmensziele, die eine positive gesellschaftliche oder ökologische Wirkung erreichen sollen.
Ziele und Herausforderungen für Grüne Unternehmen
Umsatzwachstum, Profitabilität und gesunde Wettbewerbsposition als Schwerpunktziele
Bei den klassischen operativen Kernleistungsindikatoren legen die meisten grünen Startups ihren Fokus vor allem auf das Umsatzwachstum (91%), gefolgt von der Profitabilität (83%) und der Wettbewerbsposition (79%) Mit dieser Schwerpunktsetzung unterscheiden sie sich nicht nennenswert von nicht-grünen Startups. Grüne Startups integrieren allerdings eine positive ökologische und gesellschaftliche Wirkung deutlich häufiger als nicht-grüne Startups als zusätzlichen Kernleistungsindikator in ihre operativen Managementvorgaben.
Vertrieb, Produktentwicklung und Kapitalbeschaffung sind die größten Herausforderungen
- 56% der grünen Startups nennen den Vertrieb als eine der drei aktuell größten Herausforderungen
- Auf Platz 2 stehen Hemmnisse in der Produktentwicklung (50%) gefolgt von
- Problemen in der Kapitalbeschaffung (41%); vier von zehn grünen Startups haben hier deutliche Schwierigkeiten
Insbesondere diejenigen grünen Startups, die sich als innovativ einordnen, können ihren Kapitalbedarf nicht ausreichend decken. Für grüne Startups in der Seed Stage sind Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung besonders ausgeprägt: Zwei von drei dieser sehr jungen grünen Startups berichten von entsprechenden Erschwernissen. Dies trifft auf nur rund die Hälfte der nicht-grünen Startups in derselben Entwicklungsphase zu (65% grüne Startups vs. 47% nicht-grüne Startups)
Was wünschen sich Grüne Unternehmer?
- Drei von vier grünen Startups wünschen sich einen Abbau von regulatorischen und bürokratischen Hürden
- vier von zehn grünen Startups wünschen sich Unterstützung bei der Kapitalbeschaffung.
- über 40% der grünen Startups wünschen sich eine bessere Förderung ihres unternehmerischen Einsatzes für Umweltschutz und gesellschaftliche Nachhaltigkeit
- sechs von zehn der grünen Startups erwarten eine Reduzierung der Bürokratiebelastung im ersten Jahr der Gründung auf das Mindestmaß
- über die Hälfte der grünen Unternehmer fordert jeweils die Einrichtung von One-Stop-Shops als zentrale Anlaufstelle für Antrags-, Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren und eine Vereinfachung der Buchhaltungsvorschriften
Grüne Startups unterscheiden sich mit diesen Forderungen nicht wesentlich von den Nicht-Grünen Unternehmen.
Unter den Startups mit starkem Mitarbeiterwachstum zeigt sich jedoch ein deutlich stärker ausgeprägtes Interesse der grünen Startups an einer Vereinfachung der Personalgewinnung aus Nicht-EU-Ländern. Sechs von zehn grünen Startups sprechen sich dafür aus.
Bezüglich der Verbesserung der Finanzierungssituation sind grüne Startups vor allem, und im Vergleich häufiger als Nicht-Grüne, an einer Weiterentwicklung bestehender Instrumente auch für Nicht-Akademiker interessiert. Deutlich häufiger wünschen sich grüne Startups Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von Direktinvestitionen, die konkret Familienunternehmer und mittelständige Unternehmen ansprechen
Handlungsempfehlungen des Green Startup Monitor
- Faire und gleiche Bedingungen für alle schaffen (z.B. Liberalisierung des INVEST-Zuschusses für Wagniskapital. Förderfähig sind hier bislang nur Startups aus einer sehr begrenzten Anzahl von Sektoren. Zahlreiche grüne Startups z. B. mit hochinnovativen Energie- und Umwelttechnologien werden ausgeschlossen oder haben den Zusatzaufwand, ihre Förderfähigkeit besonders begründen zu müssen. Diese Benachteiligung sollte aufgehoben werden.)
- Einrichtung eines auf die Zielgruppe Grüne Unternehmen zugeschnittenen High-Sustainability-Gründerfonds (Unterstützung grüner Startups mit radikalen und disruptiven Technologien sowie Geschäftskonzepten in der Entwicklungs- und Wachstumsphase. Um privaten Investoren ein Investment in grüne Startups zu erleichtern, sollte dieser Private-Public-Investmentfonds analog zum High-Tech Gründerfonds aufgelegt werden, der bis zu 50% von staatlicher Seite kofinanziert wird und klare Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele verfolgt.
- Gezielte Maßnahmen-Etablierung zur Steigerung der Anzahl von Kapitalgebern mit spezifischer Fachkompetenz im Sinne von z.B. eines zentralen Kompetenzzentrums für Frühphasenfinanzierung im Bereich der Green Economy
- Ausrichtung gezielter Matching-Veranstaltungen z. B. zwischen etablierten Mittelständlern und grünen Startups
- Staat und Kommunen sollten verstärkt als Erst- oder Pilotkunde innovativer grüner Produkte und Dienstleistungen auftreten (Unterstützung der Unternehmer darin, das „Valley of Death“ der Markteinführung zu überwinden)
- Etablierung von Förderprogrammen für jene Produkte, deren Marktdiffusion aus umweltpolitischen Gründen hohe Priorität genießt (z.B. KfW-Förderprogramme für verschiedene Technologien der erneuerbaren Wärme, die die Zusatzaufwendungen der Erstkunden reduzieren. **Mit zunehmender Marktdiffusion führen Förderungen allerdings zu immer höheren Förder-kosten. Hier ist es unumgänglich, Preissignale z.B. durch eine CO2-Bepreisung zu setzen. Dadurch lassen sich Wettbewerbsverzerrungen und Kostennachteile, etwa von energieeffizienten Produkten, ausgleichen.
- Senkung der Hürden zur Einstellung von Nicht-EU-Personal
Quellen
Eine vollständige Auswertung der repräsentativen Studie zur aktuellen Situation Grüner Unternehmen in Deutschland bündelt der Green Startup Monitor von den Herausgebern des Borderstep Instituts und dem Bundesverband Deutsche Startups e.V..
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