Boliden basteln für die Karriere
Hockenheim (ddp-hes). Viel Schlaf hat Christoph Hansen in den vergangenen Tagen nicht bekommen. «Ich habe zuletzt etwa 20 Stunden am Tag gearbeitet», sagt der Leiter des Darmstädter «Dart-Racing-Teams». Gemeinsam mit knapp 50 weiteren Studenten der TU Darmstadt tritt der 24-Jährige derzeit bei der «Formula Student Germany» am Hockenheimring an. Noch bis Sonntag müssen sich die Studenten unter anderem als Fahrzeugingenieure und Marketingprofis profilieren.
78 studentische Teams aus 20 Nationen wollen ihr Können unter Beweis stellen. Darunter sind Teams aus Australien, Indien, Kanada, den USA und auch aus Darmstadt und Wiesbaden. «´Die Formula Student Germany´ ist quasi ein riesiger Ingenieurswettbewerb», sagt Frank Röske, der bei der Großveranstaltung mit fast 2000 Studenten für die Regularien verantwortlich ist.
Hinter der «Formula Student Germany» steht als Idee die Annahme, ein Unternehmen habe die studentischen Teams mit dem Bau eines Prototypen für Hobbyrennfahrer beauftragt. Praxisnah werden alle Aspekte von der Konstruktion über die Kostenkalkulation bis hin zur Praxistauglichkeit von einer Fachjury bewertet.
Im Praxistest wird dann unter anderem Robustheit des Fahrwerks, Benzinverbrauch und Beschleunigung der bis zu 95 PS starken Boliden geprüft. Die studentischen Fabrikate sind laut Wettbewerbsorganisator Röske «wie geschrumpfte Formel 1-Autos» und überzeugen daher vor allem in Sachen Beschleunigung. «So mancher Porsche- oder Ferrarifahrer hat sich an den Fahrzeugen schon die Zähne ausgebissen», betont Röske.
Das Team der TU Darmstadt tritt mit dem fast 100 PS starken Modell «Delta 2009» an. Von September bis Dezember haben die Studenten an der Konstruktion gearbeitet, danach ging es in die Fertigung. Dabei haben die Maschinenbaustudenten viele Teile selbst gefräst, aber auch Hilfe von Partnerunternehmen bekommen. Danach folgten die ersten Testfahrten, darunter auch im englischen Silverstone. Auch dort war Hansen mit dabei, weil er auch einer der vier studentischen Fahrer ist, die jedes Team stellen muss.
Wie viele Stunden Hansen in den vergangenen Monaten in «Delta 2009» investiert hat, kann er selbst nicht sagen. «Es ist zuletzt wirklich ein Vollzeitjob gewesen», sagt der angehende Wirtschaftsingenieur, Fachbereich Maschinenbau.
Wer soviel Zeit investiert, erhofft sich natürlich mehr als nur den Wanderpokal der «Formula Student Germany», der am Sonntagabend vergeben wird. «Viele von uns rechnen sich ein Jobangebot aus», sagt Hansen, der nach eigener Aussage schon «konkrete Angebote» mehrerer Unternehmen hat.
Allerdings muss der angehende Wirtschaftsingenieur, derzeit im achten Semester, noch ein bisschen studieren. «Durch die intensive Arbeit für das Racing-Team werde ich etwa zwei zusätzliche Semester dranhängen müssen», sagt der 24-Jährige. Dafür könne er eine «unglaubliche Praxiserfahrung» vorweisen, die bei den Unternehmen sehr gerne gesehen sei.
Nicht nur Maschinenbauingenieure hoffen, dass sich die Formula Student als Karrieresprungbrett erweist. Im Team der TU Darmstadt sind auch Informatiker, Designer und angehende Marketingfachleute. Denn die Studenten müssen ihre Fahrzeuge in Fachvorträgen auch vor einer Jury bewerben. Für eine fiktive Serienproduktion müssen die Teams einen Businessplan vorstellen und die Produktionskosten rechtfertigen.
Insgesamt können die Teams in acht Disziplinen 1000 Punkte erreichen. Im vergangenen Jahr belegten die Studenten der TU Darmstadt den siebten Platz und waren damit das zweitbeste deutsche Team. In diesem Jahr wurden die Vorbereitungen der Darmstädter durch einen kleinen Motorbrand bei «Delta 2009» empfindlich gestört. Teamleiter Hansen versprüht dennoch Optimismus: «Wir hoffen auf eine Platzierung unter den ersten Zehn.»
(ddp)