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Kündigung wegen Kinderbett-Mitnahme unwirksam

Die Kündigung eines Mitarbeiters einer Mannheimer Abfallentsorgungsfirma wegen der Mitnahme eines Kinderbettes vom Müll ist unwirksam. Das entschied das Arbeitsgericht Mannheim am Donnerstag. Nach Auffassung des Gerichts verstößt die Kündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Mannheim (ddp-bwb). Die Kündigung eines Mitarbeiters einer Mannheimer Abfallentsorgungsfirma wegen der Mitnahme eines Kinderbettes vom Müll ist unwirksam. Das entschied das Arbeitsgericht Mannheim am Donnerstag. Nach Auffassung des Gerichts verstößt die Kündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ohnehin habe das für die Entsorgung bestimmte Bett keinen Wert mehr für die Firma besessen. Der Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Georg Hupfauer, begrüßte das Urteil. Er forderte mehr Sensibilität im Umgang mit solchen Bagatellfällen.

Der 29 Jahre alte Mitarbeiter des privaten Entsorgungsunternehmens hatte gegen die Firma geklagt. Diese hatte dem Hofarbeiter nach neunjähriger Beschäftigung Ende 2008 wegen des mitgenommenen Kinderbettes fristlos gekündigt. Arbeitsrichterin Sima Maali-Faagin sagte in der Urteilsbegründung, die Wegnahme des Kinderbettes erfülle zwar objektiv den Tatbestand des Diebstahls. Daher liege grundsätzlich auch ein berechtigter Grund für eine Kündigung vor. Auch der Umstand, dass der gekündigte Mitarbeiter 2007 wegen der Mitnahme von Toilettenpapier abgemahnt wurde, spreche zugunsten der beklagten Firma.

In der Abfallentsorgungsfirma sei es aber nachweißlich Praxis gewesen, dass Mitarbeiter die für den Müll bestimmten Gegenstände hätten mitnehmen dürfen, sofern sie die Firmenleitung um Erlaubnis bitten, fügte die Richterin hinzu. Der Mitarbeiter, der Vater zweier minderjähriger Kinder ist, habe es zwar versäumt, die Firmenleitung zu fragen, doch habe er bei der Tat kein Unrechtsbewusstsein gehabt. «Er hat das Bett außerdem nicht heimlich mitgenommen, sondern in Anwesenheit von Kollegen», sagte die Richterin. Dabei sei ihm bewusst gewesen, dass Kameras den Vorgang filmten.

Im Prozess hatte der Mann beteuert, dass er der Firma keinen Schaden zugefügt habe und sich nicht als Dieb fühle. Wenige Wochen vor der Urteilsverkündung kam noch einmal frischer Wind in das Verfahren, das bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte. Der Kläger, der bei einem Verhandlungstermin im Mai noch einen Vergleich abgelehnt hatte, erklärte sich damals doch noch dazu bereit. Doch dann lehnte der Arbeitgeber den Vergleich, der eine ordentliche Kündigung ohne Schuldzuweisung und mit 5000 Euro Abfindung vorgesehen hätte, ab.

Ob der Mitarbeiter trotz des nun möglicherweise belasteten Arbeitsverhältnisses tatsächlich weiterhin für die Firma arbeitet, ließ sein Rechtsanwalt Thomas Karl offen. «Darüber müssen wir noch sprechen», sagte er. Mit der Entscheidung zeigte er sich zufrieden, betonte aber, sein Mandant sei kein Dieb, da das Bett zur Entsorgung und nicht zu einer weiteren Verwendung bestimmt gewesen sei.

In den vergangenen Monaten hatten wiederholt Kündigungen wegen Bagatellschäden für Schlagzeilen gesorgt. KAB-Bundeschef Hupfauer begrüßte vor diesem Hintergrund das Urteil. «Den Job zu verlieren, das ist das Härteste, was einem Menschen in unseren Zeiten der Massenarbeitslosigkeit passieren kann», sagte er. Es sei daher notwendig, dass die Gerichte in solchen Fällen mit besonderer Sensibilität umgingen. Es gebe indes auch immer wieder Fälle, in denen Arbeitgeber ihre Beschäftigten loswerden wollten und geringe Verfehlungen ausnutzen würden, um eine Kündigung initiieren zu können.

(ddp)

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DDP