Unternehmerstories präsentiert "REALPORTICO"

Hallo Steffen, wie kam es zu deiner Idee von REALPORTICO?

Als Kind war ich bereits von herrschaftlichen Häusern begeistert. In unserer Nachbarschaft gab es eine Fabrikantenvilla und für mich war es immer ein Erlebnis dort zu sein. Die Räumlichkeiten, die Möbel mit geschnitzten Köpfen, die Spielsachen - alles war anders als in unserem einfachen bürgerlichen Haus und das hat mich einfach fasziniert. Diese Kindheitserinnerungen sind heute noch präsent und waren der eigentliche Auslöser für das Interesse, möglichst viele solcher Häuser zu entdecken, zu besuchen, etwas über sie zu erfahren, sie fotografisch festzuhalten und idealerweise später auch einmal zu bewohnen: Schlösser, Villen, Herrenhäuser. Anfangs noch in Deutschland, später dann in immer mehr Ländern auf dem europäischen Kontinent.

Irgendwann wollte ich mehr aus dieser Leidenschaft machen und etwas Eigenes auf die Beine stellen, das zumindest Potential als zweites Standbein hat. In all den Jahren bin ich auf unzählige zum Verkauf stehende Objekte gestoßen und habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele Kaufangebote auf allen möglichen regionalen Portalen verteilen und für ausländische Kaufinteressenten nicht so leicht zu finden sind. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich bereits durch mein Umfeld, dass Käufer für solche Objekte auch im Ausland zu finden sind.

Bei Recherchen ist mir aufgefallen, dass es fast nur Immobilienseiten gibt, auf denen entweder alles angeboten wird oder Portale, die ausschließlich unter der Etikette "Exklusiv" oder "Luxusimmobilie" vermarkten.  Ich wollte mit meiner Idee eine eigene Markenbotschaft transportieren, die allgemein historische Immobilien adressiert und dabei nicht zwischen dem (historischen) 10Millionen-Anwesen in der Toskana oder der Schlossruine in Polen unterscheidet, denn auch wenn die Käufer der genannten Beispiele völlig unterschiedlich sein können, sind sie oft in der gleichen Zielgruppe zu finden.

Aus diesem Anspruch heraus ist schließlich die Idee für "REALPORTICO Character Properties" entstanden, ein Immobilienportal für historische Immobilien, das Anbieter und Interessenten länderübergreifend zusammenbringt.

Wann hast du dich dazu entschlossen ein Unternehmen zu gründen und was hast davor beruflich gemacht?

Beruflich habe ich die letzten 13 Jahre Unternehmens-Software und Webanwendungen entwickelt, somit waren zumindest die technischen Vorraussetzungen gegeben. Ich habe dann zunächst meinen damaligen Arbeitgeber mit meiner Vision konfrontiert und bat ihn darum, die Stundenanzahl zu reduzieren. Er fand die Idee toll und gab grünes Licht.

Es folgten 4 lange Jahre mit vielen schlaflosen Nächten. Als ca. 75% der ersten Minimalversion fertig gestellt waren, folgte die Gründung des Unternehmens obwohl mir zu jener Zeit bewusst war, dass noch ein harter Weg vor mir liegt, denn die Immobilienbranche ist ein schwieriger und übersättigter Markt, der von großen Playern dominiert wird. 

Aber ich habe quasi vor dem Hintergrund eines sicheren Jobs gegründet. Das war wirklich der ausschlaggebende Punkt, weiter an meine Vision und den Erfolg in der Nische zu glauben und sich langsam und ohne großen Druck an die Sache heranzutasten.

Welche Fähigkeiten und Kenntnisse konntest du in deine Gründung einbringen und wo gab es noch Nachholbedarf?

Zwar hatte ich während des Informatik-Studiums natürlich auch mit betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Themen zu tun, aber zum Zeitpunkt der Gründung fühlte ich mich verloren. Ich wusste wenig bis nichts und habe mich bei allen möglichen Stellen informieren müssen. Die ersten Anlaufstellen waren das Arbeitsamt und direkt danach eigentlich der Rechtsanwalt und Steuerberater. 

Gab es Beratungsangebote die du während oder nach deiner Existenzgründung in Anspruch genommen hast?

Weitere persönliche Beratungsangebote (mit Ausnahme der zuvor genannten Anlaufstellen) habe ich nicht in Anspruch genommen. Ich habe jedoch an verschiedenenen Online-Seminaren teilgenommen und auch das Informationsangebot entsprechender Institutionen (IHK) genutzt. Nicht alle Seminare empfand ich als hilfreich.

Im Nachhinein hätte ich mir ein breiteres Angebot an speziellen, branchenbezogenen Themen gewünscht, z.B. wie geht es nach der Gründung weiter, wie erreicht man seine Kunden, welches sind die idealen Marketingkanäle für meine Branche? etc.

Würdest du Gründern empfehlen einen Businessplan zu erstellen?

In dieser Hinsicht war meine Gründung sehr unkonventionell. Zwar hatte ich angefangen, einen Businessplan zu erstellen und empfand die angebotene Vorlage der Unternehmenswelt als sehr hilfreich, einen vollständigen und final verwertbaren Businessplan gab es bei mir jedoch nicht. Dass ich dieses Thema nicht so konsequent verfolgt habe, liegt aber in erster Linie daran, dass mir von Anfang klar war, dass ich im Gegensatz zu klassischen Unternehmensgründungen keine riesigen Investments benötige und unabhängig bleiben wollte. 

Ich konnte die Gründung also selbst finanzieren und war auch bereit, das Risiko einzugehen. Am Ende war zwar deutlich mehr finanzieller Einsatz nötig, unterm Strich blieb er im Gegesantz zu anderen Gründungen aber sehr überschaubar. 

Ein Businessplan hat jedoch seine Berechtigung und ist für viele Gründer sicher auch unerlässlich, insbesondere wenn man bei der Gründung auf Fremdkapital angewiesen ist.

Was waren die grössten Erfolge, die du bisher feiern konntest?

Als ich in Deutschland angefangen habe, potentielle Kunden und Immobilienunternehmen zu akquirieren, gab es eigentlich fast nur Niederlagen. Es war ein unglaublich langwieriger Kampf mit unzähligen Telefonaten und sehr vielen Absagen. Zuvor hörte ich nur Gutes (auch hatte ich immer wieder mit verschiedenen Zielgruppen Anoforderunganalysen und Nutzenanalysen durchgeführt) und plötzlich hatte ich das Gefühl, dass viele potentielle Kunden mein Produkt nicht verstehen oder keinen Bedarf dafür haben. 

Ich hatte REALPORTICO jedoch von Anfang an "groß" gedacht und mir war klar, dass das Portal zwingend eine internationale Ausrichtung braucht, um eine Chance zu haben.

Infolgedessen habe ich angefangen, potentielle Kunden im Ausland zu erreichen und damit völlig überraschend eine gängige Regel gebrochen; üblicherweise versucht man zuerst auf dem heimischen Markt Fuß fassen und später eventuell auch das Ausland zu adressieren. Im Falle von REALPORTICO hatte ich als deutsches Unternehmen meinen ersten Kunden im Ausland und erst so ganz langsam kommen jetzt auch deutsche Unternehmen auf uns zu.

Was sind deine Top 3 Marketing-Kanäle?

Da REALPORTICO einen stark emotionalen und visuellen Aspekt hat, sind die visuell orientierten Plattformen natürlich das Medium der ersten Wahl. Allen voran instagram und pinterest. Diese beiden Plattformen haben geholfen, REALPORTICO bekannter zu machen und den am Anfang so wichtigen Traffic auf die Seite zu bringen. Allerdings ist die Anzahl potentieller Kunden im Verhältnis zu der Anzahl Follower auf beiden Plattformen erschreckend niedrig. Auch hat pinterest kürzlich den Algorithmus geändert, was zu einem drastischen Sichtbarkeitsverlust geführt hat. 

Aus diesem Grund legen wir den Hauptfokus auf allgemeine Suchmaschinen. Sie sind unser wichtigster Marketingkanal. Ein sehr großer Anteil der Internetnutzer, die nach bestimmten Angeboten im Internet suchen, nutzen Suchmaschinen als ersten Einstiegspunkt und hier haben wir durch fokussierte Inhalte, die beste Möglichkeit von unseren Zielgruppen gefunden zu werden.

Wie siehst du die Entwicklung deines Marktes, auf was muss du mit deinem Unternehmen besonders achten?

Die Nachfrage nach Gutshäusern oder ungewöhnlichen Immobilien - auch mit Sanierungsbedarf - im ländlichen Raum steigt kontinuierlich. Tatsächlich ist sie schon lange viel größer als das Angebot, denn zwischenzeitlich sind die "alten Buden auf dem Land" zu begehrten Wohn- und Arbeitsplatzalternativen geworden - zumindest für diejenigen, die es sich leisten oder erlauben können, denn die Sanierung bzw. das Bewohnen und die häufig gleichzeitige gewerbliche Nutzung einer historischen Immobilie stellt natürlich hohe finanzielle Ansprüche an Eigentümer.

Immobilien und ausländische Käufer sind in diesem Segment eigentlicher immer ein Thema. Viele Unternehmen sind geschäftzlich mit anderen Ländern verbunden und unterhalten dort auch Zweit- oder Nebenwohnsitze. Und das amerikanische Ehepaar, das ein sanierungsbedürftiges Schloss in Polen erwerben und dort Pferdezucht betreiben möchte oder ein Schweizer Privatier, der eine mittelalterliche Burg in Höhenlage in Tschechien sucht - solche Suchprofile gibt es öfter, als man denkt.

Ein Internetportal muss sich permanent beweisen, Wettbewerber und ähnliche Anbieter kennen und immer wieder ein Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten. Wir fürchten uns nicht vor den Platzhirschen und arbeiten immer an neuen Ideen. Kürzlich etwa haben wir unser Angebot erweitert und sind jetzt nicht nur ein reines Anzeigenportal, sondern bieten auch individuelle Videoproduktionen an, z.B. Story-Videos für historische Immobilien, die einem Kaufangebot eine völlig neue Wahrnehmung geben.

Auch sind langfristig weitere verwandte Dienstleistungen unter der Marke REALPORTICO geplant.

Wenn du für dein Unternehmen einen Wunsch frei hättest, welcher wäre das?

Ich wünsche mir, dass wir langfristig noch viel mehr Angebote aus weiteren Ländern auf die Seite bekommen, das Potential ist groß genug und aktuell haben wir wesentlich mehr Anfragen als Angebote. Jetzt müssen wir es schaffen, diese Anfragen zu bedienen und die Marke weiter zu entwickeln und auszubauen. Dafür wäre ein Geschäftspartner oder weitere Mitarbeiter hilfreich, für Festanstellungen reicht es derzeit jedoch noch nicht.

Wir danken Steffen für seine Offenheit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.

Hier kommst du zur Website von: REALPORTICO.com