· Wirtschaft

Lage am Arbeitsmarkt: Arbeitslosenzahl sinkt leicht

Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht aktuelle Zahlen zur Lage am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig diskutiert die Bundesregierung vereinfachte Regelungen zur Einwanderung inklusive Chancen-Aufenthaltsrecht. Gelingt Deutschland die Transformation aus Digitalisierung, demografischer Wandel und Dekarbonisierung?

Fördermittel, Zuschüsse & Mikrodarlehen

Syrischer KfZ-Mechaniker an seinem Arbeitsplatz einer deutschen Autowerkstatt mit Daumen oben über Motorhaube gebeugt.
Chancen-Bleiberecht für mehr Planbarkeit in kleinen Unternehmen.

Der Arbeitsmarkt in Deutschland im November 2022

Dank einer leichten Herbstbelebung ist die Zahl der Arbeitslosen im November geringfügig gesunken – allerdings weniger stark als in früheren Jahren. Insgesamt sei der Arbeitsmarkt stabil, so die Bundesagentur in ihrem aktuellen Arbeitsmarktbericht November 2022:

Insgesamt ist der Arbeitsmarkt stabil. Zwar sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung saisonbereinigt erneut gestiegen und Kurzarbeit nimmt wieder zu, die Beschäftigung wächst aber deutlich.

– Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit (BA) 

Arbeitslosenzahlen im November 2022 auf einen Blick

  • Arbeitslosenzahl im November: -8.000 auf 2.434.000
  • Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +117.000
  • Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: unverändert bei 5,3 Prozent

Die Bundesagentur für Arbeit beziffert die Zahl der Arbeitslosen mit 2,434 Millionen, das sind 8000 weniger als im Oktober, aber 117.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote im November 2022 liegt weiterhin unverändert bei 5,3 Prozent, jedoch um 0,2 Punkte höher als im Vorjahresmonat. 

Kurzarbeit in Betrieben verdoppelt sich

Nach aktuellen Daten zu geprüften Anzeigen wurde vom 1. bis einschließlich 24. November für 82.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis September 2022 zur Verfügung. So wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit in diesem Monat für 157.000 Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Damit hat sich die Inanspruchnahme von konjunktureller Kurzarbeit gegenüber dem Vormonat etwas mehr als verdoppelt.

Arbeitskräftenachfrage auf hohem Niveau abgeschächt

Die Nachfrage nach neuem Personal sei zwar weiterhin hoch, habe sich zuletzt jedoch spürbar abgeschwächt. So waren zuletzt 823.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 15.000 mehr als im November 2021. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen gegenüber dem Vormonat um 7.000 verringert.

BA-Stellenindex (BA X) stabil

Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland, der neben dem Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen auch den Zugang berücksichtigt – blieb im November 2022 unverändert bei 128 Punkten. 

Neue Regelungen für Zuwanderung gegen Fachkräftemangel

Parallel zur Veröffentlichung der aktuellen Arbeitsmarkt-Zahlen in Deutschland beschäftigt in dieser Woche erneut das Thema Fachkräftemangel die Bundesregierung. Am Mittwoch hat das Kabinett diesbezügliche Leitlinien für die Zuwanderung und Einbürgerung verabschiedet, um ausländische Arbeitskräfte in Zukunft schneller zu integrieren.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Bereits seit März 2020 gilt in Deutschland das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Seither dürfen neben Akademikern auch Fachkräfte mit einer ausländischen Berufsausbildung für sechs Monate einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland erhalten. Voraussetzung hierfür ist der Nachweis einer anerkannten beruflichen Qualifikation und das Vorhandensein von Deutschkenntnissen. Bewerbende müssen zudem ihren Lebensunterhalt während der Suche nach einem Arbeitsplatz selbst bestreiten können.

Anerkennung der Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse größte Hürde

Die Anerkennung der Gleichwertigkeit beruflicher Abschlüsse sei bislang jedoch die wohl größte Hürde bei der Intergation von Fachkräften, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einer Stellungnahme im Oktober:

Wenn Deutschland die Erwerbsmigration spürbar erhöhen will, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Gleichwertigkeitsprüfung in der gegenwärtigen Form verzichten oder sie stark reformieren müssen.

Punktesystem zur Einwanderung nach Deutschland

Das Eckpunktepapier der Bundesregierung will nun Abhilfe schaffen und plant u.a. dass Menschen künftig über ein Punktesystem nach Deutschland einwandern dürfen, auch wenn sie noch keinen Arbeitsplatz vorweisen können. Als Auswahlkriterien werden Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter genannt.  

Deutsche Staatsbürgerschaft schon nach 5 statt bisher 8 Jahren

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schlägt außerdem vor, dass die deutsche Staatsbürgerschaft künftig schon nach fünf statt bislang acht Jahren erlangt werden kann. Gleichzeitig soll es möglich sein, neben der deutschen auch andere Staatsangehörigkeiten zu haben. 

Änderungen beim Chancen-Bleiberecht geplant

Ebenfalls zur Abstimmung am Freitag im Bundestag geplant ist das neue Chancen-Bleiberecht, welches auf Vereinbarungen im Koalitionsvertrag beruht. Hiervon sollen gut integrierte Ausländer profitieren, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben (Kettenduldung): 

Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen: Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).

– Auszug Koalitionsvertrag 7. Dezember 2021

Im Innenausschuss des Bundestages am vergangenen Dienstag haben die verantwortlichen Abgeordneten ihre Ursprungsforderung noch einmal modifiziert und wie folgt beschlossen:

  • Stichtag 31. Oktober 2022: Der ursprünglich für den 1. Januar 2022 angesetzte Stichtag wurde auf den 31. Oktober 2022 verschoben, um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben von der Regelung zu profitieren.
  • 18 Monate Chancen-Aufenthaltsrecht: Die Dauer des Chancen-Aufenthaltsrecht wird von einem Jahr auf 18 Monate verlängert.

Wer demnach zum Stichtag fünf Jahre in Deutschland lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit erhalten, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen, u.a. mithilfe von nachgewiesenen Deutschkenntnissen und der Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts. 

Gelingt die Transformation der 3 D?

Deutschland steht laut BMAS vor einer langfristigen und tiefgreifenden Transformation: Digitalisierung, demografischer Wandel und die Dekarbonisierung verändern mit zunehmender Dynamik den Wirtschaftsstandort Deutschland. Hinzu kommen die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine sowie auch die zunehmend notwendiger werdenden Anpassungen an den fortschreitenden Klimawandel.

Dieser langfristige Strukturwandel wird nur mit ausreichend vielen geschickten Händen und klugen Köpfen erfolgreich zu bewältigen sein. Die gute Fachkräftebasis in Deutschland zu sichern und zu erweitern, ist daher entscheidend für die Innovations- und Leistungsfähigkeit auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft.

– BMAS

Sowohl in der Ampelkoalition als auch innerhalb der Opposition sind die Meinungen zum Thema Zuwanderung und Einbürgerung aktuell gespalten. Laut Eckpunktepapier soll das Kabinett im ersten Quartal 2023 auch die entsprechenden Gesetzentwürfe beschließen. Harte Verhandlungen über die geplanten Regeln zur Einwanderungspolitik sowie zum Staatsangehörigkeitsrecht stehen an. Zu erwarten sind sowohl Diskussionen über das geplante Punktesystem als auch die Rahmenbedingungen zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft inklusive Chancen-Bleiberecht.

Das könnte dich interessieren

Fachkräftemangel wird ein existenzielles Problem

Prognosen des BMAS zufolge werden Arbeitgebende im Jahr 2026 länger als 90 Tage nach geeigneten Fachkräften suchen müssen. Schon jetzt ist der Fachkräftemangel u.a. in der Bauwirtschaft, Gastronomie und im Handel ein existenzielles Problem. Wie die Bundesregierung nun gegensteuern will und was Unternehmen bei der Suche nach Mitarbeitenden verbessern können, liest du hier.

Arbeitsmarkt im Oktober 2022: Robustheit schwankt

Eine robuste Entwicklung trotz wirtschaftlicher Abschwächung attestiert der Monatsbericht der Agentur für Arbeit dem deutschen Arbeitsmarkt. Anders die Geschäftserwartungen der deutschen Betriebe, welche laut DIHK-Konjunkturumfrage „befürchten, dass das Schlimmste noch kommt“. Ein Überblick.

Die besten Städte für Gründer und Unternehmen

Das Städteranking 2022 beleuchtet 71 Städte in Deutschland mit über 100.000 Einwohnern hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft, dynamischen Entwicklung sowie Lebensqualität & Nachhaltigkeit. Der Gewinner des Jahres ist nur auf den ersten Blick ein Überraschungskandidat.

Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

Bild-Urheber:
iStock.com/123ducu