Kleinunternehmerregel gilt auch für Gründer!
Umsatzsteuerbefreiung bis 50.000 Euro für Gründer im zweiten Jahr
Was vielleicht vom sechsstelligen Umsatz-Raketenstart mancher Gründer und Unternehmer milde belächelt wird, ist für viele Selbstständige in den ersten beiden Jahren ihrer unternehmerischen Tätigkeit durchaus ein realistisches Szenario: Viel Arbeit, kaum Umsatz, inklusive zahlreicher Investitionen bis die Dinge ins Rollen kommen und die Einnahmen das Geschäft rentabel machen. Es ist eine schwere Zeit, wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen und man dementsprechend vielen Zweifeln ausgesetzt ist. Aber: für diese Anlaufphase von Gründungen gewährt das Finanzamt eine Erleichterung bei der Umsatzsteuer.
Prinzipiell gilt die Kleinunternehmerregel: wer mit seiner selbständigen Tätigkeit pro Kalenderjahr nicht mehr als 17.500 Euro Umsatz* erzielt, braucht keinen Cent Umsatzsteuer zahlen. Heißt aber auch: Jeder über diesen Freibetrag hinausgehende Umsatz muss versteuert werden. Wie das Finanzgericht Thüringen nun entschieden hat, gilt die Umsatzsteuerfreiheit für neu gegründete Unternehmen auch für das zweite Jahr, sofern die Umsätze voraussichtlich nicht höher als 50.000 betragen werden (Aktenzeichen 3K 758/15).
* Stand 2023 gilt eine aktualisierte Umsatzgrenze von 22.000 Euro.
Beginn eines Unternehmens auch ohne Umsätze
Das besondere an dieser Entscheidung, die sich an bisher getroffenen Fällen orientierte: Die Regel greift jetzt auch, selbst wenn im ersten Jahr der Gründung zum Beispiel durch ausschließliche Planung und intensive Vorbereitung des Geschäftes, überhaupt keine Umsätze erzielt wurden und der Gründer zur existentiellen Sicherung sogar noch als Angestellter tätig war.
Der Kläger, der dem Umsatzsteuerbescheid widersprach und eine Klage vor dem Finanzgericht Thüringen anstrebte, arbeitete also in einer lohnsteuerpflichtigen Tätigkeit, während er seine unternehmerische Selbstständigkeit vorantrieb. Die im zweiten Jahr seiner Selbstständigkeit, erzielten Einnahmen, die deutlich über den 17.500 Euro der Kleinunternehmerregel lagen, aber unter 50.000 Euro blieben, mussten nicht versteuert werden, womit seiner Klage stattgebeben wurde.
Anders ausgedrückt: Trotz fehlender Umsätze kann im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der Beginn eines Unternehmens als Gründungsjahr angesehen werden, womit das Folgejahr bei Umsätzen bis zu 50.000 Euro ebenso unter die Kleinunternehmerregel fällt - und somit auch umsatzsteuerfrei bleibt.
Einer der wichtigsten Vorteile dieser Entscheidung: Der Gründer braucht in dieser 'Warmlaufzeit' seines Unternehmens seinen Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen - ein Plus im Wettbewerb mit den Waren, Angeboten und Dienstleistungen bereits etablierter Player in seinem Geschäftsfeld.
Alle Details zu diesem Fall sind in der Bekanntmachung des Thüringer Finanzgerichts nachzulesen.
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