Medienstaatsvertrag: Die wichtigsten Änderungen im Überblick
Medienstaatsvertrag: Kurz und Klar
- Am 5. Dezember 2019 hat die Ministerpräsidentenkonferenz der Bundesländer als erste verantwortende Institution den Entwurf für einen Medienstaatsvertrag beschlossen.
- Damit wird der seit 1991 geltende Rundfunkstaatsvertrag zeitgemäß umbenannt und durch ein neues Regelwerk ersetzt.
- Der Medienstaatsvertrag resp. Rundfunkstaatsvertrag galt bisher nur für ausgewählte Medienformen, wie Telemedien oder Plattformen sowie für den privaten und öffentlichen Rundfunk. Mit der Novelle führen die Initiatoren neue Begrifflichkeiten und Zielgruppen ein.
- „Medienintermediäre“, „Benutzeroberflächen“ und „Video-Sharing-Dienste“ werden dem Regelwerk künftig unterstellt und damit namentlich Suchmaschinen wie Google, Social Media Plattformen wie Facebook oder Streaming-Anbieter wie YouTube oder Twitch.
- Bislang geltende Rechte und Pflichten von kleinen Telemedien-Anbietern werden neu geregelt, u.a. Zulassungs- und Informationspflichten.
Medienstaatsvertrag: Die wichtigsten Änderungen im Überblick
Zu den wichtigsten Neuerungen, auf die sich Freiberufler in journalistisch-künstlerischen Tätigkeitsfeldern einstellen müssen, zählen u.a.
1. genaue Regelung der Zulassungspflicht für Streaminganbieter auf YouTube oder Twitch
Nur Anbieter, die im Zeitraum der letzten 6 Monate mehr als 20.000 gleichzeitige Zuschauer verzeichnen konnten, unterliegen gemäß der Neuregelung einer Zulassung ausgestellt durch die jeweilige Landesmedienanstalt. Der bislang geltende Schwellenwert von 500 potentiellen Nutzern, der unter kleinen Kanalinhabern für vielfache Verunsicherung gesorgt hatte, verliert damit an Bedeutung. Der Entwurf bleibt bislang die Antwort schuldig, inwieweit ein neuer Anbieter, diese prospektiven Zuschauer- resp. Nutzerzahlen glaubhaft versichern kann bzw. inwieweit hier ein stetes Monitoring angebracht ist, um nicht im Nachhinein durch die Landesmedienanstalten bei etwaigen Kontrollen abgestraft zu werden. Die Regelung der Zulassung gemäß § 54 MStV bleibt hier allgemein formuliert und empfiehlt “Rundfunkprogrammen, die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen oder in ihrer prognostizierten Entwicklung erreichen werden” einen Antrag auf Zulassungsfreiheit durch Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der zuständigen Landesmedienanstalt zu stellen.
2. Neuregelung der Informationspflichten für Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionellem Angebot
§ 18 MStV regelt Informationspflichten und Informationsrechte für journalistisch-redaktionelle Internetanbieter. Diese müssen mit Absatz 2 künftig zusätzlich zu den bereits bestehenden Vorgaben des Telemediengesetzes für die Gestaltung ihres Impressums auch generell einen Verantwortlichen für das journalistisch-redaktionelle Angebot benennen. Dieser darf im Sinne des Paragraphen nur benannt werden, wenn er
1. seinen ständigen Aufenthalt im Inland hat,
2. nicht infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat,
3. voll geschäftsfähig ist und
4. unbeschränkt strafrechtlich verfolgt werden kann.
Ebenfalls neu ist die Kennzeichnungspflicht automatisiert erstellter Inhalte in sozialen Netzwerken (Social Bots), die Anbieter von Telemedien vornehmen müssen. Mit § 18 Abs. 3 MStV muss hierüber ein “gut lesbarer Hinweis bei- oder vorangestellt” sein.
3. Präzisierung der Sorgfaltspflichten für Telemedien mit journalistisch-redaktionellem Angebot
§ 19 MStV präzisiert die Sorgfaltspflichten, denen Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten künftig nachkommen müssen. Neben der allgemeinen Forderung nach einer Überprüfung verbreiteter Nachrichten “auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit” unter den allgemein anerkannten journalistischen Grundsätzen, adressiert Absatz 3 auch Anbieter, “die nicht der Selbstregulierung durch den Pressekodex und der Beschwerdeordnung des Deutschen Presserates unterliegen”. Diesen empfiehlt der Gesetzgeber den Anschluss an eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle. Dazu zählt z.B. die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM).
4. verstärkte Transparenzpflichten für Medienintermediäre
Als Medienintermediäre zählen z.B. Suchmaschinen, App-Stores, Sprachassistenten, aber auch soziale Medien wie Youtube und Facebook. Nachdem in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen um die bevorzugte bzw. behindernde Ausspielung von Nachrichten in Sozialen Medien entbrannte, fordert der Medienstaatsvertrag von den verantwortlichen Intermediären in Zukunft stärkere Transparenzpflichten. Dies bedeutet für Plattformen mit mehr als eine Millionen Nutzern pro Monat, dass diese bei Bedarf offenlegen müssen, nach welchen Kriterien sie nachrichtliche Artikel ausspielen oder auf diese hinweisen, wie z.B. im Facebook Newsfeed. Die Forderung des Gesetzgebers reicht bis zur Offenlegung verwendeter Algorithmen, die mit § 93 MStV “in verständlicher Sprache” zu erfolgen hat.
Medienstaatsvertrag: Wann tritt er in Kraft?
Der erste Schritt zur Beschlussfassung des Medienstaatsvertrages ist durch die Übereinkunft der Ministerpräsidentenkonferenz am 5. Dezember getan. Im Frühjahr 2020 wird nun jeder Landtag gesondert über den gefundenen Entwurf abstimmen, der dann perspektivisch im September 2020 in Kraft treten soll. Dieses Datum ist insofern verbindlich, als dass die im Medienstaatsvertrag geschlossenen Regeln ihrerseits die bereits verabschiedeten Vorgaben der "EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD)" abbilden, die in Deutschland bis spätestens zum 19. September 2020 umgesetzt werden müssen.
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