Wer profitiert vom Bürokratieentlastungsgesetz?
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Was ist das Bürokratieentlastungsgesetz?
Das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) zielt darauf ab, überflüssige Bürokratie abzubauen und Unternehmen zu entlasten. Besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten soll das Gesetz dazu beitragen, Kosten zu senken und Arbeitsprozesse zu vereinfachen. Die Maßnahmen zur Reduktion des Verwaltungsaufwands werden die Wirtschaft jährlich um geschätzte 944 Millionen Euro entlasten.
Die vierte Version des Gesetzes (BEG IV), die im September 2024 im Bundestag verabschiedet wurde, passierte am 18. Oktober 2024 den Bundesrat und tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger unmittelbar in Kraft (in der Regel am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals).
Neuerungen im Bürokratieentlastungsgesetz: Eine Übersicht
Das Bürokratieentlastungsgesetz bringt mehrere Änderungen mit sich, die speziell für Kleinunternehmen relevant sind:
1. Verkürzte Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege
Die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege werden von zehn auf acht Jahre verkürzt. Für Kleinunternehmen bedeutet dies geringere Lager- und Speicherkosten, was zu einer deutlichen Kostenersparnis führt. Insgesamt rechnet die Bundesregierung hier mit einer Entlastung von etwa 626 Millionen Euro pro Jahr für die gesamte Wirtschaft.
2. Digitalisierung von Rechtsgeschäften
Ein weiterer Schritt zur Entlastung ist die Absenkung der Schriftformerfordernisse auf Textform. Für dich als Unternehmer bedeutet das, dass viele Rechtsgeschäfte künftig digital abgewickelt werden können. Statt einer Unterschrift auf Papier genügt in vielen Fällen eine E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht, um Verträge und Vereinbarungen abzuschließen. Diese Flexibilität spart Zeit und ermöglicht es dir, schneller auf geschäftliche Anforderungen zu reagieren.
3. Entfall der Meldepflicht in Hotels
Die Meldepflicht für deutsche Staatsangehörige in Hotels entfällt. Das bedeutet, dass bei Übernachtungen innerhalb Deutschlands keine Anmeldeformulare mehr ausgefüllt werden müssen, was den Zeitaufwand sowohl für Geschäftsreisende als auch für Hoteliers reduziert.
Insgesamt rechnet der Bund mit einer Entlastung der Wirtschaft um rund 62 Millionen Euro pro Jahr.
4. Zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberatung
Mit der Einführung einer zentralen Vollmachtsdatenbank entfällt die Notwendigkeit, für jede Behörde oder Träger der sozialen Sicherung separate schriftliche Vollmachten auszustellen. Eine einmal erteilte Generalvollmacht kann digital in der Datenbank hinterlegt und bei Bedarf abgerufen werden. Selbstständige profitieren von weniger Verwaltungsaufwand und einer Vereinfachung der Zusammenarbeit mit Steuerberatern.
5. Digitale Steuerbescheide
Steuerbescheide können digital bereitgestellt werden. Der Versand von Millionen von Briefen gehört der Vergangenheit an.
6. Digitaler Arbeitsvertrag
Du kannst deine Mitarbeiter jetzt auch per E-Mail über die Bedingungen ihres Arbeitsvertrags informieren. Dadurch entfällt der Bedarf an aufwendigen, papiergebundenen Prozessen in deiner Betriebsführung.
Sonderfall Schwarzarbeitsbekämpfung
Ausgenommen von der Neuregelung sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, die in Paragraf 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. In diesen Bereichen sei die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.
7. Überlassungsvereinbarungen und Leiharbeit
Im Bereich der Leiharbeit sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll künftig verankert werden, dass für Überlassungsvereinbarungen zwischen Ver- und Entleihern die Textform ausreichend ist, diese also beispielsweise per E-Mail abgeschlossen werden können.
8. Erleichterungen bei Hauptversammlungen
Falls dein Unternehmen börsennotiert ist, profitierst du von erleichterten Regelungen zur Durchführung von Hauptversammlungen. Ab sofort reicht es aus, vergütungsbezogene Unterlagen nur online bereitzustellen. Das erleichtert die Praxis deutlich, ohne Informationsverluste für Aktionäre.
Weniger Regulierung, schnellere Verfahren, mehr Wettbewerbsfähigkeit?
Die Frage, ob das Bürokratieentlastungsgesetz den bürokratischen Aufwand tatsächlich signifikant senkt, bleibt umstritten. Während die Bundesregierung das BEG IV als wichtigen Schritt zur Entlastung der Wirtschaft und Reduzierung des Verwaltungsaufwands betrachtet, äußerten sich Vertreter verschiedener Oppositionsparteien skeptisch über die tatsächlichen Auswirkungen.
Bürokratie abbauen vs. Cum-Ex Bandenbetrug
Ein zentraler Kritikpunkt von BSW und der Gruppe Die Linke betrifft die verkürzten Aufbewahrungsfristen, die nach Ansicht der Kritiker Steuerhinterziehern die Möglichkeit bieten könnten, Beweismittel zu vernichten – insbesondere im Zusammenhang mit den Cum-Ex- und Cum-Cum-Skandalen*. Schätzungen zufolge haben diese Betrugsfälle die Steuerzahler rund zwölf Milliarden Euro gekostet.
*Cum-Ex: Bei dieser Art von Steuerbetrug wurden Aktien um den Dividendenstichtag herum so gehandelt, dass sie abwechselnd mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch bewegt wurden. Dadurch entstand der Anschein, als sei Kapitalertragsteuer gezahlt worden, die der Staat fälschlicherweise erstattete, obwohl sie nie gezahlt worden war.
Anne Brorhilker: »Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.«
Die Bundesregierung reagierte auf diese Bedenken und passte die Regelung an. Um laufende Ermittlungen nicht zu gefährden, wird die verkürzte Aufbewahrungsfrist für Personen und Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegen, erst nach einer einjährigen (sic!) Verzögerung wirksam.
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