Die Crypto-Gesetzgebung in 2019 im Ländervergleich
Wie schwierig es angesichts einer gerade einmal 10-jährigen Geschichte der Crypto-Währungen aktuell immer noch ist, diese in ihren stetig sich ausdifferenzierenden Geschäftsfeldern rechtlich zu definieren, haben wir bereits in der Vergangenheit erläutert. In praxi ist seit Markteinführung ein Geflecht international sehr unterschiedlicher Einordnungen und daraus ableitender Verbindlichkeiten für alle Handelsteilnehmer zu beobachten. Der alljährlich quartalsweise erscheinende CipherTrace Report liefert diesbezüglich regelmäßige aktuelle Informationen.
Zum Abschluss des G20-Treffens im Dezember 2018 konnten die hier vereinbarten Ziele für 2019 unter den Mitgliedsstaaten und der Financial Action Task Force (FATF) weiterhin konkretisiert werden: Cryptocurrency AML Report (Update zu Report Q3/2018 – aka Q4/2018; Stand Januar 2019)
Die FATF versammelt seit 1989 insgesamt 38 Justizministerien der jeweiligen Staaten zum Zweck der Etablierung von Rechtsstandards und der Beobachtung von deren Einhaltung im Kampf gegen Geldwäsche, Terrorismus und weiteren Bedrohungen des internationalen Finanzwesens. Sie gilt als Rat gebende Konsens bildende Instanz in der Vorbereitung neuer entsprechend vorbeugender Gesetzesentwürfe.
„Virtual Assets“ per definitionem – Bitcoin und Blockchain als juristische Entitäten unter den G20-Staaten
Ein wichtiges Fazit der G20 in Argentinien war die Einordnung von Cryptowährungen und der sie definierenden Technologien als „Virtual Asset”, konkret „(...), defined as a digital representation of value that can be digitally traded, or transferred, and can be used for payment or investment purposes“.
Dem folgend empfehlen die FATF-Experten juristische Anstrengungen zur Vorbeugung illegaler Aktivitäten in allen diese Virtual Assets zum Handelsgegenstand habenden Unternehmen wie Fiat-Crypto-Börsen; Crypto-Crypto-Börsen; Zahlungsdienstleistern; Wallet-Anbietern etc. mit einem neuen Zusatz:
“to manage and mitigate the risks emerging from virtual assets, countries should ensure that virtual asset service providers are regulated for anti-money laundering and counterterrorist financing purposes, and licensed or registered and subject to effective systems for monitoring and ensuring compliance with the relevant measures called for in the FATF Recommendations.”
Diese Empfehlungen haben die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung bis 2020 avisiert.
Geldwäschebekämpfung in den EU-Staaten – AMLD5 weitet Einflussbereich aus
Die 5. Anti-Money Laundering Directive (AMLD5) der EU-Mitgliedsstaaten will ihre Position im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung 2019 u.a. durch eine stärkere Kontrolle von Crypto-Börsen und Walletanbietern stärken. Die damit einhergehende Unterstellung dieser Unternehmen als „Obliged Entities“ unter EU-Recht bedeutet künftig umfangreichere Registrierungen und Auskunftspflichten der Betreiber. Die so gewonnenen Informationen sollen außerdem Finanzaufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt werden.
Großbritannien
Neben im Dezember 2018 veröffentlichten steuerrechtlichen Regeln für Gewinne aus dem Handel mit Crypto-Währungen möchte die britische Finanzaufsicht aktuell ihren Handlungsspielraum weiter ausdehnen und bittet Unternehmen der Branche bis zum 9.April 2019 einen ihrerseits zusammengestellten Fragenkatalog zu beantworten. Hier stehen besonders eventuell „noch andere wichtige Token oder Modelle, die wir nicht berücksichtigt haben?“ oder „weitere wichtige Marktteilnehmer, die Teil der Wertschöpfungskette des Krypto-Asset-Marktes sind?“ in der Aufmerksamkeit.
Schweiz
Seit einer Angleichung an EU-Richtlinien mit Einführung des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes im Jahr 2016 hat es sich die Schweiz nicht nehmen lassen kantonal ihre starke Crypto-Wirtschaft von mehr als 600 Blockchain-Unternehmen gemäß ihrer föderalen Möglichkeiten nicht überzuregulieren. Eine gemeinsame Kooperative aus öffentlichen und privatwirtschaftlichen Interessenvertretern im Rahmen der Swiss Blockchain Federation erarbeitet zu diesem Zweck Konsensvorschläge.
Malta
Seit dem 1.November sind im ohnehin Crypto freundlichen Malta zwei weitere Gesetze in Kraft getreten, die Unternehmensansiedlungen und Handelsgeschäfte im Inselstaat für die Crypto-Branche weiter erleichtern sollen.
Der „Malta Virtual Financial Assets Act“ behandelt dabei Initial Coin Offerings (ICOs) in Malta. Er legt klare Regeln für deren Durchführung fest. Dies bedeutet z.B. Anforderungen, wie die Präsentation eines soliden Whitepapers vor Start eines ICOs, das der vollständigen Zustimmung eines Auswahlkomitees bedarf. Das zweite Gesetz unter der Bezeichnung „Innovative Technology Arrangement and Services Act“, regelt die Registrierung von Technologien und Dienstleistungen und schreibt die Zertifizierung von zugelassenen Technologieanbietern vor.
Russland
Vergleicht man maltesische Bemühungen mit den Ambitionen der russischen Regierung betritt man Cryptoregulatorisches Niemandsland. Bislang oblag die Klärung rechtlicher Leerstellen, die sich im Alltag durch unterschiedliche Regeln für die Besteuerung Crypto assoziierter Werte ergeben, einer eigens hierfür gegründeten Initiative der russischen Anwaltsvereinigung. Wie in dieser Woche bekannt wurde, sollen mehrere Gesetzesentwürfe, die innerhalb der Duma bereits seit einem Jahr diskutiert werden, nun bis Ende Februar 2019 zum Abschluss gebracht werden.
Japan
Die Eigeninitiative, zu der die russische Crypto-Community bislang gezwungen war, fördert die japanische Regierung ausdrücklich. Im Oktober gewährte sie der Japan Virtual Currency Exchange Association (JVCEA) stellvertretend für die durch sie vertretene Branche das Recht einer „Self Regulatory Organization.“ Darüber hinaus befinden sich mehrere Entwürfe für Gesetze zur Behandlung von Hackingangriffen, der Klassifizierung spezieller Token oder der Einordnung von speziellen Handelsgeschäften in der Ausarbeitung, die den seit 1. April 2018 geltenden Virtual Currency Act ergänzen sollen.
China
Von Selbstregulierung kann auf dem chinesischen Festland wahrlich keine Rede sein. Nachdem die hiesige Regierung 2017 kurzerhand sämtliche ICO´s verbot, ging sie einige Zeit später noch einen Schritt weiter und forderte alle Crypto-Börsen auf ihre Geschäfte bis zum 30.September 2017 „freiwillig einzustellen“. Den Markt konnten die Behörden damit nicht zerstören, denn durch eine Verlagerung der jeweiligen Standorte in die chinesische Sonderverwaltung Hongkong oder nach Singapur konnten die betroffenen Unternehmen teilweise sogar Umsatzgewinne einfahren. 2018 wurden außerdem öffentliche Veranstaltungen „die Crypto-Währungen fördern“ unter Strafe gestellt. Am 10. Januar 2019 hat die Cyberspace Administration of China (CAC) nun weitere neue Regeln zum offiziellen „Schutz der legitimen Rechte und Interessen von Bürgern, juristischen Personen und anderen Organisationen“ veröffentlicht. Dazu zählen auch die Weitergabe persönlicher Nutzer/Anleger-Daten durch Crypto-Handelsplätze auf Verlangen der Behörden. Zuwiderhandlungen werden mit umgerechnet ca. 2.500 bis 3.800 Euro geahndet. Freundlicher agiert die Partei in Sachen Blockchain-Technologie. Eine Schaffung einheitlicher Standards bis Ende 2019 beschäftigt aktuell das hierfür verantwortliche Blockchain und Distributed Accounting Technology-Standardisierungskomitee.
USA
In den USA wacht die FINCEN über sämtliche Money Business Services (MBS's), die sich als solche registrieren und unter den Regeln des Bank Secrecy Act (BSA) agieren müssen. Darüber hinaus gelten in den einzelnen Bundesstaaten durchaus Besonderheiten im Alltag. So kann man in Arizona z.B. seine Steuern bereits in Crypto-Währungen zahlen. Im Bundesstaat New York liegen die Dinge seit in Krafttreten der BitLicense im August 2015 weniger entspannt. Das vom New York State Department of Financial Services (NYSDFS) vorgegebene Registrierungsverfahren für im Bundesstaat agierende Crypto-Dienstleister gilt als teure Papierschlacht, an der kleinere Unternehmen ohne umfangreichen juristischen Beistand kaum teilnehmen können.
Kanada
In Kanada unterliegen Crypto-Handelsplattformen und -Dienstleister dann einer Registrierung, wenn sie in folgenden Geschäftsbereichen agieren oder diese bedienen: „foreign exchange, money transferring, or issuing/redeeming money orders or other similar instruments“. Dies hat aktuell zu teils komplizierten Registrierungsprozessen geführt, mit einem de facto Markt aus regulierten und unregulierten Unternehmen. Bis 2020 will Kanada die bis dahin unter den G20-Staaten auf Basis der FATF-Empfehlungen geplanten Gesetze zu Anti-Geldwäsche-Maßnahmen umsetzen.
Venezuela
Seit Ausgabe des PETRO als gesetzliches Zahlungsmittel in Venezuela hat sich die Lage im Land nur verschlimmert. Die doktrinierte Einführung der Crypto-Währung im Alltag als Gehaltszahlung oder Rentenboni können die Inflation im Land nicht deckeln. Das Streichen einiger Nullen und Schieben der Kommastellen hat die Verhandlungsposition von (Noch)-Präsident Maduro gegenüber den USA nicht verbessert.
Iran
Auch der Iran versucht sich durch die Etablierung einer eigenen Crypto-Währung von US-Sanktionen unabhängig zu machen. Im September 2018 hatte die SWIFT auf Druck von US-Behörden sowohl iranische Geschäftsbanken als auch die iranische Zentralbank CBI aus ihrem Netzwerk ausgeschlossen. Durch das SWIFT-Monopol kamen damit internationale Transaktionen iranischer Banken quasi über Nacht zum Erliegen. Seitdem forscht der Iran an einer eigenen Crypto-Währung und lud hierfür bereits internationale Entwickler und Entscheider „aus der Schweiz, Südafrika, Frankreich, England, Russland, Österreich, Deutschland und Bosnien“ ein, „um entsprechende Gespräche über das Thema zu führen.“
Bei allen unterschiedlichen Ausprägungen vom Gesetzgebungs-Pionier Malta bis hin zum regulatorischen Overkill chinesischer Watchdogs ist ein grundlegender Erkenntnisgewinn über Wesen und Möglichkeiten von DLT den meisten Behörden mit erklärtes Ziel. Dieser Prozess steht allerdings immer noch am Anfang einer internationalen Konsensbildung und wird die Staatengemeinschaft auch 2019 weiter beschäftigen.
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