Natürlich. Nachhaltig. Digital: Digitalisierung im Mittelstand
Digitalisierung im deutschen Mittelstand: Aktuelle Zahlen von Bitkom Research
Bereits seit 2016 untersucht Bitkom Research im Auftrag von Tata Consultancy Services (TCS) den Digitalisierungsgrad deutscher Unternehmen. Hierzu wurden und werden maßgeblich Entscheider befragt, die in ihren Unternehmen für das Thema Digitalisierung verantwortlich sind, also Geschäftsführer, Mitglieder des Vorstands sowie Führungskräfte aus den Bereichen IT, digitale Technologien und operatives Geschäft. Die Studie "Gelassen zur Digitalisierung: Wie sich deutsche Unternehmen in der neuen Zeit orientieren" zeichnet damit ein kontinuierliches nach Branchengruppen und Größenklassen repräsentatives Bild für Unternehmen ab 100 Mitarbeitern in Deutschland.
Die Kernaussagen der Bitkom Research Studie:
- Planvolles Vorgehen wird immer wichtiger. Viele Mittelständler setzen auf Change Management-Methoden (2017: 36% vs. 2019: 47%).
- Unternehmen werden beweglicher und setzen agile Methoden ein (2018: 35% vs. 2019: 43%).
- Die Ausgaben für Digitalisierung steigen stark an (um 12% im Vergleich zum Vorjahr).
- Geld für die Digitalisierung ist vorhanden, doch es bestehen Bedenken hinsichtlich Datenschutz und IT-Sicherheit.
- Die genutzten Technologien und Methoden entsprechend ihrer Markteinführung und in absteigender Signifikanz:
- Cloud Computing (78% der befragten Unternehmen nutzen die Cloud)
- Big Data & Analytics (44% nutzen Technologien zur Datenauswertung)
- IoT (23% vernetzen Geräte, Maschinen und Menschen im IoT)
- VR/AR (15% nutzen Vr/AR-Technologien)
- KI ( nur 11% der Unternehmen verwenden bislang Künstliche Intelligenz)
- Blockchain Technologie bleibt vorerst eine Nischentechnologie, die erst 5% der Unternehmen nutzen
In welchen Unternehmensbereichen wird besonders stark digitalisiert und wo herrscht noch das analoge Zeitalter?
Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen schreitet am stärksten voran (höchster Automatisierungsgrad). Darüber hinaus eröffnen Big Data & Analytics, künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und weitere Technologien maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen. Dazu zählen u.a.:
- die virtuelle Beratung von Käufern,
- individuell angepasste Prototypen und Produkte aus dem 3D-Drucker,
- personalisierte Werbung sowie Angebote in Onlineshops und sozialen Netzwerken sowie
- B2B-Plattformen zur Zusammenführung unterschiedlicher Dienstleister.
Vier von zehn Unternehmen (42 Prozent) entwickelten im Zuge der Digitalisierung bereits neue Produkte oder Dienstleistungen. Jedes dritte Unternehmen sogar (32 Prozent) bietet sein Portfolio auf digitalen Plattformen an. Diese verzeichneten einen Zuwachs um 10% seit 2016. Unternehmen ohne digital erweitertes oder angepasstes Produkt- und Dienstleistungsportfolio verpassen laut Bitkom Research nicht nur neue Gewinnchancen: “Sie riskieren es auch, ihre Bestandskunden an fortschrittlichere Wettbewerber zu verlieren.”
Wie steht es um die Digitalisierung in kleinen und Kleinstunternehmen?
In einer Befragung unter 11.000 Einzelunternehmern, mittelständischen Firmen und Konzernen im Zeitraum Juni bis Juli 2019 hat Star Finanz den Kreis der befragten Unternehmen noch ein wenig weiter gesteckt.
Hier wird deutlich, dass besonders kleinste Unternehmen (unter 0,5 Mio. EUR Jahresumsatz) der Digitalisierung weniger Beachtung schenken und die Tragweite sowohl in Bezug auf die Digitalisierung alltäglicher Geschäftstätigkeiten, als auch die Entwicklung ganz neuer Geschäftsmodelle stark unterschätzen. Gut ein Viertel der Unternehmen (23,7 Prozent) benutzen für die Erstellung der Ausgangsrechnungen noch Word, Excel oder andere Textprogramme.
Hier besteht eine große Kluft zwischen mittleren und großen Unternehmen auf der einen Seite und kleineren Handwerksbetrieben, Handel- oder Dienstleistungsfirmen auf der anderen Seite. Während erstere klassisch kaufmännische Bereiche längst automatisiert und die Digitalisierung als Effizienzmotor, aber auch Ideengeber für neue Produkte und Geschäftsmodelle begriffen haben, riskieren kleine Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht nur am Markt, sondern auch in der Gewinnung neuer Fachkräfte.
Natürlich. Nachhaltig. Digital: Die digitale Strategie der Bundesregierung
Unternehmer, die noch Zweifel haben an den weitreichenden Auswirkungen, die der digitale Wandel bereits jetzt ankündigt, finden im monatsaktuell publizierten Aktionsplan der Bundesregierung Inspiration für eine nutzenbringende Integration digitaler Methoden im Tagesgeschäft, als auch die notwendige Vision für eine generationengerechte Ökonomie.
Die Bundesregierung lobt die Effizienz bei gleichzeitigem Ressourcenschutz, die durch digitale Anwendungen erreicht werden, z.B. durch die die Optimierung von Liefer- und Wertschöpfungsketten. Durch die Erfassung, Verknüpfung und intelligente Auswertung von Daten können Krankheiten präziser diagnostiziert, aber auch ein systematisches Monitoring der Artenvielfalt durchgeführt werden. In der Landwirtschaft wird die Bedeutung der Dokumentation und Auswertung klimatischer Veränderungen in Zukunft wohl ebenfalls weiter steigen. Digitale Plattformmodelle eröffnen außerdem neue Möglichkeiten der sharing economy:
“Richtig umgesetzt kann die Digitalisierung nicht nur punktuelle, sondern umfassende soziale Innovationen ermöglichen, beispielsweise für gesellschaftliche Teilhabe, Bürgerpartizipation, lebenslanges Lernen oder die Gesundheitsversorgung der Zukunft. Darüber hinaus kann sie entscheidend zur Umsetzung einer dekarbonisierten, ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft, zur Energiewende oder zur Steuerung von komplexen ökologischen und gesellschaftlichen Systemen beitragen.”
Neben diesen durchweg positiven Effekten, sind jedoch auch gegenteilige Auswirkungen möglich bzw. bereits erkennbar:
- Digitale Technologien arbeiten noch nicht energieeffizient. Sie sind schon heute - vergleichbar dem Flugverkehr - für 4% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
- Nicht alle Effizienzsteigerungen führen zu Ressourceneinsparungen, wie die Bundesregierung zu Recht einräumt. Daraus folgende Kosten- und Preissenkungen können den Konsum ebenso gut steigern und so das genaue Gegenteil, einen höheren Ressourcenverbrauch, verursachen.
- Die besonders bei kleinen Unternehmen bestehenden Bedenken bezüglich (Daten-) Sicherheit und Selbstbestimmung erkennt auch die Bundesregierung an, verspricht jedoch, “dass die Chancen der Digitalisierung genutzt werden und gleichzeitig den Risiken begegnet wird.”
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