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Online-Gründung GmbH: Digitalisierungsrichtlinie kommt

Fortschritt oder Farce? Die Digitalisierungsrichtlinie erlaubt u.a. die Online-Gründung der GmbH sowie digitale Beurkundungen und Registeranmeldungen. Ziel ist die Vereinfachung der Gründung von Gesellschaften und der EU-weiten Errichtung von Zweigniederlassungen. Eine im Juli 2019 verabschiedete EU-Änderungsrichtlinie wird dadurch nationales Recht. Kritiker fragen sich: "Ist das ernst gemeint?"

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Online-Gründung der GmbH per Videochat bald möglich

Ist Deutschland nach wie vor #Neuland in Sachen Digitalisierung?

Nicht nur, dass die am 10. Februar im Bundeskabinett verabschiedete Digitalisierungsrichtlinie ihre eigentliche Pflicht zur Umsetzung bis zum 31.7. 2021 um ein Jahr verlängert. Sie ist gleichsam weniger barrierefrei, als es der Augenschein suggerieren mag. Was ist passiert?

Hintergrund: EU-Digitalisierungsrichtlinie 2019/1151/EU

Das Bundeskabinett hat am 10. Februar dem von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgelegten Gesetzesentwurf zur Umsetzung der bereits im Juli 2019 verabschiedeten EU-Digitalisierungsrichtlinie zugestimmt.

Diese sieht u.a. vor, dass

  1. alle Mitgliedstaaten, die Online-Gründung von Kapitalgesellschaften ermöglichen sollen sowie
  2. die Online-Gründung bei Verwendung von ausschließlich Musterdokumenten und sofern der Antragsteller eine natürliche Person ist, in maximal fünf Arbeitstagen abgeschlossen sein muss
  3. In darüber hinausgehenden Fällen ist eine maximale Bearbeitungszeit von höchstens zehn Arbeitstagen zulässig. 

Da Deutschland von seinem Recht auf Verlängerung der Umsetzungsfrist für ein Jahr Gebrauch macht, werden die im Bundeskabinett gefundenen Beschlüsse nach dem Willen aller Beteiligten erst ab 1. August 2022 in Deutschland rechtskräftig. 

Die wichtigsten Inhalte der Digitalisierungsrichtlinie im Überblick

Online-Gründung der GmbH wird möglich

Künftig soll die digitale Gründung der GmbH möglich sein und notarielle Präsenzpflichten entfallen. Basis hierfür ist die Möglichkeit einer notariellen Beurkundung und Beglaubigung mittels Videokommunikation. Die Installation eines entsprechend "sicheren, manipulationsresistenten und zuverlässigen Videokommunikationssystems" macht der Gesetzgeber zur "neuen Pflichtaufgabe der Bundesnotarkammer". 

Offenlegung von Dokumenten nach dem "once-only-Prinzip"

Die Offenlegung von Urkunden und Informationen soll in Zukunft nur noch als Eintragung im jeweiligen Register erfolgen. Diese Eintragungen werden zur Abrufung erstmals online bereitgestellt. Dadurch entfällt die separate Bekanntmachung von Registereintragungen in weiteren Bekanntmachungsportalen.

Auch Jahresabschlüsse musst du gemäß der neuen Digitalisierungsrichtlinie bald nur noch im Unternehmensregister einstellen. Die derzeit noch bestehende Pflicht zur Doppelpublizität in Bundesanzeiger und Unternehmensregister entfällt. Abrufe von Informationen aus den Registern erfolgen ab Inkrafttreten der Digitalisierungsrichtlinie kostenfrei.

Digitale Registeranmeldungen für Kapitalgesellschaften 

In der Regel besteht bei der Anmeldung in staatliche Register notarielle Präsenzpflicht. Dies gilt bei Eintragungen in das Handelsregister, das Partnerschaftsregister oder das Vereinsregister. Mit Inkrafttreten der Digitalisierungsrichtlinie entfällt diese physische Anwesenheitspflicht und wird durch eine gemeinsame Erstellung der notwendigen Unterlagen nebst "Willenserklärung" via Videokommunikation ermöglicht.

Die Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen gilt zum jetzigen Zeitpunkt nicht für alle Rechtsformen. Der aktuelle Gesetzesentwurf gestattet digitale Registeranmeldungen nur für Kapitalgesellschaften, nicht jedoch für Personengesellschaften.

Digitalisierungsrichtlinie: Ist das wirklich ernst gemeint?

Gemäß Presseerklärung des Bundesjustizministeriums seien die jetzt gefundenen Rahmenbedingungen für Online-Verfahren zur Gründung der GmbH bzw. für digitale Registeranmeldungen "von der Beibehaltung der hohen Standards notarieller Beurkundungsverfahren" geleitet. Notarinnen und Notare sollten auch weiterhin "ihre besondere Funktion im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege" einnehmen. 

Warum die Online-Gründung in Deutschland allerdings lediglich der GmbH vorbehalten sein soll, nicht jedoch auch wie von der EU-Änderungsrichtlinie vorgesehen für z.B. Aktiengesellschaften gelte, offenbart der aktuelle Gesetzesentwurf bislang nicht:

Neben einer Ausweitung der Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen auf Personengesellschaften wäre auch eine Ausweitung der Online-Gründung auf weitere Gesellschaftsformen als die GmbH, wie in der Digitalisierungsrichtlinie vorgesehen, wünschenswert.

- Dr. Melanie Besken für Haufe 

Während andere EU-Mitgliedsstaaten versuchten die Möglichkeiten der Digitalisierung "auszureizen", bleibe Deutschland "in altem Denken verhaftet": 

Ebenso wenig geht es um die Gründung mittels Online-Formular, in das die Daten der GmbH eingetragen und selbst von den Gründern ans Handelsregister übermittelt werden. Nein, es wird weiterhin eine Gründung nur unter Mitwirkung eines Notars möglich sein. Allerdings kann man jetzt als Gründer eben zu Hause sitzen und muss sich nicht mehr zum Notar in dessen Amtsräume begeben.

- RA Carsten Lexa für Basic Thinking

Noch besteht Beratungsspielraum in den gesetzgebenden Häusern. Nach den bereits erfolgten Kommentierungen relevanter Verbände bereiten derzeit die Mitglieder des Bundesrats ihre Stellungnahme zum Regierungsentwurf vor. Erst nach einer diesbezüglichen Gegenäußerung der Bundesregierung wird der Gesetzesentwurf an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort zur Abstimmung gebracht. 

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Über den Autor
Kathleen Händel

Kathleen Händel

Kathleen schreibt seit 2018 im Magazin von Unternehmenswelt und Zandura über die wichtigsten Business-Themen & Trends für Gründer & Unternehmer. Zuvor war Kathleen als Redakteurin für die Social Startup-Szene, verschiedene Stiftungen und Kommunikationsagenturen tätig.

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