Was können Unternehmer für mehr Klimaschutz tun?
Wie stark engagieren sich mittelständische Unternehmen in Deutschland bereits für den Klimaschutz?
Bereits im vergangenen Herbst führte Kantar Media eine Umfrage im Auftrag der DZ Bank zum Thema Klimawandel und Klimaschutz in mittelständischen Unternehmen durch. Befragt wurden insgesamt 700 Unternehmen mit Sitz in Deutschland und einem Jahresumsatz zwischen 250.000 EUR und 125 Millionen EUR. 66 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen gaben an, dass sie bereits vom Klimawandel betroffen seien, nur wenige unter ihnen reagierten jedoch bereits mit Gegenmaßnahmen.
Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK, fasst die Ergebnisse der Umfrage zusammen: „Der deutsche Mittelstand ist dem Klimawandel breitflächig ausgesetzt. Dass bislang nur etwas mehr als jeder fünfte mit Maßnahmen reagiert hat, zeigt, dass der Handlungsdruck noch nicht groß genug ist. So sind die Auswirkungen für eine Mehrzahl der Unternehmen nur leicht spürbar, was sich jedoch zukünftig deutlich verschärfen dürfte.“
Die ersten spürbaren Effekte des Klimawandels werden in jenen Branchen deutlich, die aufgrund verstärkter Hitze- und Trockenperioden zuerst gegensteuern müssen, um weiterhin Erträge einzufahren. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen verzeichnet bereits einen höheren Energiebedarf, zum Beispiel für die vermehrte Bewässerung auf dem Land oder für die Kühlung von Anlagen in Hitzeperioden.
Den Handlungsbedarf an sich stellen jedoch die wenigsten Betriebe in Frage. Rund 60 Prozent der befragten Unternehmen erkannten die Sicherung der eigenen Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit als Haupttreiber für Klimaschutzmaßnahmen. Allerdings nur 22 Prozent der Unternehmen, die vom Klimawandel betroffen sind oder zukünftige Auswirkungen erwarten, haben auch bereits konkrete Maßnahmen umgesetzt. Erst 14 Prozent der Mittelständler sind komplett klimaneutral aufgestellt.
Wo liegen die Hemmnisse für ein stärkeres Engagement unter den mittelständischen Unternehmen?
- Fast die Hälfte der vom Klimawandel betroffenen Unternehmen gab an, dass gesetzliche Vorschriften und Bürokratie ihr Engagement gegen den Klimawandel behindern.
- 37 Prozent machen fehlendes Fachpersonal für die Umsetzung entsprechender Maßnahmen verantwortlich.
- Geplante Maßnahmen der Bundesregierung wie die CO2-Abgabe polarisieren und werden von 62 Prozent der Befragten in Ihrer Sinnhaftigkeit bezweifelt.
Die DZ Bank mahnt, dass viele Unternehmen die Tragweite des Klimawandels für ihr eigenes unternehmerisches Überleben unterschätzen würden. Die Veränderung natürlicher Gegebenheiten in noch nicht abzuschätzenden Feedback Loops, neue politische Vorgaben, aber auch ein wachsender Verbraucher- und Konsumentendruck könnten das eine oder andere Geschäftskonzept in Zukunft obsolet machen.
Gerade die Baubranche bereitet sich aktuell in sehr geringem Ausmaß auf radikale Umwandlungen in ihrem Gewerbe vor. Nur 23% der befragten Unternehmen messen dem Thema Klimawandel die notwendige Relevanz bei. Dabei ist es aufgrund von immer längeren Hitzeperioden bei gleichzeitig punktuellen Starkregenfällen gerade die Gebäudewirtschaft, die laut Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel unbedingt vorbauen muss. Das Jahr 2018 war in Deutschland laut Bundesumweltministerium das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und noch nie gab es im deutschlandweiten Mittel so viele Heiße Tage mit Temperaturen von 30° C und höher. Mehrere wissenschaftliche Studien zeigten außerdem, dass die Heftigkeit der stärksten Stürme und damit auch das Ausmaß von sturmbedingten Schäden zunehmen werden. Als Beispiel nennen die Analysten Wintersturm Friederike als letzter von fünf zerstörerischen Orkanen der Wintersaison 2017/2018, die insgesamt 21 Menschenleben forderten sowie versicherte Sachschäden von über einer Milliarde EUR. Veränderte Baumaßnahmen wie z.B. verstärkte Fassaden- und Dachbegrünung zur Reduzierung innerstädtischer "Wärmeinseleffekte" können hier gegensteuern und erhöhen außerdem die biologische Vielfalt als Lebensraum für Vögel, Wildbienen, Schmetterlinge und Laufkäfer.
Eine weitere wichtige Schlüsselindustrie Deutschlands ist die Automobilbranche, die sich international immer mehr auch mit branchenfremden Anbietern neuer Mobilitätskonzepte auseinandersetzen muss (Stichwort E-Auto von Sony als jüngster JumpIn der Automobilbranche) und im größten Umbruch der Branche - vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antrieben - um ihre Wettbewerbsfähigkeit kämpft. Der Verkehr ist stärkster Emmissionstreiber und entgegen den "sanften" Worten des Monitoringberichts des Bundesumweltministeriums formuliert das Umweltbundesamt in einem internen Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, deutlich härtere Ziele, darunter u.a.:
- die Abschaffung aller Privilegien für Dienstwagen und Dieselkraftstoffe
- eine Abschaffung der Pendlerpauschale
- eine stärkere Besteuerung fossiler Brennstoffe (bis 2030 um gut 70 Cent auf 1,19 EUR/l für Dieselkraftstoffe; für Benzin eine Verteuerung um 47 Cent)
- Anstieg der LKW-Maut
- Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h
Die Behörde bezeichnet ihre Ziele als "ambitioniert, aber machbar" und macht die Notwendigkeit der Maßnahmen deutlich. Gegenüber der Süddeutschen adressiert Behördenchefin Maria Krautzberger Kritiker und gibt zu bedenken:
"Nach unseren Abschätzungen bleibt eine Klimaschutzlücke von 20 bis 30 Millionen Tonnen Treibhausgasen. Das Verkehrsministerium tut häufig so, als sei es unmodern und rückwärtsgewandt, ökologische Folgen in Preisen auszudrücken, in Wirklichkeit scheut es sich, diese unpopulären Maßnahmen einzuführen."
Welche konkreten Klimaschutz-Maßnahmen können Unternehmer im Tagesgeschäft umsetzen?
Neben branchenabhängigen Produktions- und Lieferbedingungen, die in unterschiedlichem Maße Unternehmer herausfordern, gibt es einige allgemeine Handlungsweisen, die in jedem Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit führen können.
In einer Umfrage des Düsseldorfer Marktforschungsinstituts Innofact über „Geschäftsreisen im Kontext der Klimadebatte“, die SAP Concur zuvor in Auftrag gegeben hatte, wurden im Herbst 2019 mehr als 1000 Geschäftsreisende zu ihrem persönlichen Reiseverhalten befragt. Die exklusiv auf karriere.de veröffentlichten Ergebnisse der Befragung machen deutlich, dass guter Wille häufig an den Realbedingungen scheitert. Zwar gab die Mehrheit der Befragten an, klimafreundlicher reisen zu wollen, diesbezüglich fördernde Reiserichtlinien der Unternehmen sowie Transparenz darüber, wie sich die Unterschiede im CO2-Ausstoß unterschiedlicher Verkehrsmittel tatsächlich bemerkbar machten, vermissten jedoch die Mehrzahl der Umfrageteilnehmer. Hier bieten Online-Portale wie co2online.de interessante Vergleichswerte zum CO2-Ausstoß bei Flug- bzw. Bahnreisen auf typischen deutschen Metropolstrecken. Darüber hinaus sind zahlreiche App-basierte Berechnungsmöglichkeiten für den CO2-Ausstoß von Auto, Flugzeug oder Bahn bereits am Markt etabliert und werden auch zunehmend von deutschen KMU genutzt.
SAP Concur ist die Tochter des Software-Riesen SAP und der global führende Anbieter von Reisebuchungs- und Reisekostenabrechnungslösungen für Unternehmen. Ihr Managing Director Götz Reinhardt bedauert gegenüber karriere.de einen generellen Konflikt: „Wir erleben eine Kluft zwischen dem Bedürfnis der Geschäftsreisenden nach Klimaschutz und der Nachfrage der Arbeitgeber nach klimafreundlichen Reisemanagement-Lösungen“.
Darüber hinaus können KMU Steuerliche Vergünstigungen zur Förderung der Elektromobilität nutzen, sowohl bei Anschaffung und Unterhaltung von Dienstwagen, als auch im Bereich Logistik beim Ankauf neuer Lieferwagen ab 2020.
Die Reduzierung kurzfristiger Dienstreisen via Flugzeug hin zur incentivierten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wurde bereits angesprochen. Eine Reorganisation interner Besprechungskultur unter Nutzung neuer Tools und Technologien (Zoom-Calls; Virtuelles Coworking) kann außerdem ressourcenschonend praktiziert werden.
Es mag bereits old-fashioned klingen, aber "Thinking before Printing" ist nach wie vor hochaktuell. Laut Umweltbundesamt ist die Papierindustrie der weltweit fünftgrößte industrielle Energieverbraucher. Insbesondere der große Bedarf an Zellstoff trägt maßgeblich zur weltweiten Waldzerstörung bei. Die Experten der Bundesbehörde empfehlen daher die prinzipiell sparsame Nutzung von am besten Sekundärfaserpapieren bei konsequent beidseitigem Ausdruck. Akten und Papiere, die keiner Verwahrung mehr bedürfen, sollten außerdem immer dem Altpapier zugeführt werden, denn Recycling- bzw. Sekundärfasern können bis zu 6mal zur Papierherstellung wiederverwendet werden. Auch der Herstellungsprozess von Recyclingpapier an sich benötigt im Vergleich zur Erzeugung von Primärfaserpapier nur rund ein Siebtel bis ein Drittel der Wassermenge und nur etwa die Hälfte an Energie. Details und Beispiele für Qualität, Gebrauchstauglichkeit und Sortimentsvielfalt von Recyclingpapieren hat das Umweltbundesamt öffentlich zugänglich gemacht.
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