Wiedereinführung der Meisterpflicht für 12 Gewerke ab 1. Januar 2020
Für insgesamt 12 “gefahrgeneigte Handwerke” soll laut Willen der Großen Koalition ab dem 1. Januar 2020 die Meisterpflicht wieder gelten. Dafür werden diese 12 Gewerke aus der Anlage B1 wieder in die Anlage A der Handwerksordnung überführt. Die Vertreter der Bundesregierung wollen dadurch die einstige Abschaffung der Meisterpflicht in diesen Gewerken im Jahr 2004 nach langen Diskussionen mit Verbänden und Berufsgenossenschaften nun wieder rückgängig machen.
Als ausschlaggebend für die Wiedereinführung befand die Koalitionsarbeitsgruppe "Meisterbrief" in diesem Zusammenhang die Kriterien
- "Gefahrengeneigheit" und
- "Kulturgüterschutz"
Bei den betroffenen Gewerken handelt es sich konkret um folgende:
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger,
- Betonstein- und Terrazzohersteller,
- Estrichleger,
- Behälter- und Apparatebauer,
- Parkettleger,
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker,
- Drechsler und Holzspielzeugmacher,
- Böttcher,
- Glasveredler,
- Schilder- und Lichtreklamehersteller,
- Raumausstatter sowie
- Orgel- und Harmoniumbauer
Die große Koalition und die Befürworter einer Wiedereinführung der Meisterpflicht verknüpfen mit der geplanten Änderung in den bezeichneten Gewerken zahlreiche Vorteile für die Handwerksunternehmen:
- der Meisterbrief ist ein Siegel für Qualitätsarbeit, Verbraucherschutz, Leistungsfähigkeit und Innovationskraft und soll Handwerksunternehmen vor gering qualifizierten Mitbewerbern auszeichnen
- die Ausbildungsleistung innerhalb des dualen Systems soll wieder honoriert werden und die Ausbildungsqualität gestärkt; dem Fachkräftemangel soll dadurch vorgebeugt werden
- das Kriterium Kulturgüterschutz stärkt Gewerke, die als immaterielles Kulturgut betrachtet werden vor Verwässerung ihrer tradierten Fertigkeiten, z.B. im Orgelbauerhandwerk
Dr. Carsten Linnemann, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und sein Kollege Sören Bartol, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, erklärten am Montag in einer gemeinsamen Pressemitteilung, welche Vorteile sich durch eine Wiedereinführung der Meisterpflicht für die betroffenen Handwerksunternehmen ergeben.
Der Meisterbrief sei “die beste Garantie für Qualitätsarbeit, Verbraucherschutz, Leistungsfähigkeit und Innovationskraft.” Durch eine Wiedereinführung der Meisterpflicht würden “mehr Qualität für die Kundschaft und mehr Nachwuchs im Handwerk durch eine bessere Ausbildung” sichergestellt.
Für Gründer in den bezeichneten Gewerken bedeutet dies bei nun avisierter Verabschiedung des Vorschlags im Bundestag, dass schon ab 1. Januar 2020 die Gründung eines Unternehmens als Fliesenleger, Parkettleger oder Raumausstatter nur noch bei Vorlage eines Meisterbriefs möglich sein wird bzw. bei Beschäftigung entsprechend qualifizierten Personals.
Bereits bestehende Unternehmen sollen von der Neuregelung nicht betroffen sein. Ihnen will man “Bestandsschutz” erteilen. In 5 Jahren soll die gefundene Neuregelung wieder überprüft werden.
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) erklärte via Pressemitteilung seine Zustimmung zur Wiedereinführung und nannte diese
“ein starkes Signal für Qualität und Qualifikation im Handwerk. Zukunftssicherung und nachhaltige Unternehmensentwicklung im Handwerk werden so auf einer breiteren Basis möglich.”
Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa äußerte sich ebenfalls mit einer positiven Erklärung auf der Homepage des Verbandes und ordnete die Einigung als positives Signal für Handwerk und Mittelstand ein.:
„Wir sind sehr erfreut darüber, dass das Bundeswirtschaftsministerium nach gründlicher Prüfung der verfassungs- und europarechtlichen Aspekte auch und gerade in den Bauberufen (Fliesenleger, Estrichleger, Beton- und Werksteinhersteller sowie Parkettleger) die Notwendigkeit anerkannt hat, diese in die Anlage A zurückzuführen. Gerade im Baubereich kommt es auf die Verlässlichkeit der ausführenden Unternehmen im Hinblick auf Sicherheit und Verbraucherschutz an. Das war bei den meisterfreien Gewerken in großen Teil nicht mehr der Fall. Nur Meisterbetriebe stehen für Qualität in der Ausführung, erlernt durch eine gute Ausbildung. Das ist ein überaus positives Signal der großen Koalition für Handwerk und Mittelstand in Deutschland. Denn es sind die baugewerblichen Unternehmen, die allein im Wohnungsbau 80 % der Bauleistung erbringen, die 75 % der Arbeitnehmer beschäftigen und 80 % der Lehrlinge ausbilden.”
DGB-Vorstand Stefan Körzell unterstrich noch einmal die Bedeutung des Kriteriums der Gefahrengeneigtheit in einigen der betroffenen Gewerke:
“Bei den Elektrikern stellt niemand in Frage, dass es eine Meisterpflicht gibt. Niemand möchte einen Stromschlag riskieren, weil Arbeiten nicht sachgemäß ausgeführt werden. Aber auch eine unsachgemäß befestigte Leuchtreklame stellt eine Gefahr dar, bisher braucht es zur Gründung eines Unternehmens als Schilder- und Lichtreklamehersteller/in keinen Meisterbrief. Ebenso wenig, wie zur Gründung eines Unternehmens in der Gebäudereinigung. Gebäudereiniger gehen mit gefährlichen Chemikalien um, in Krankenhäusern reinigen sie unter anderem OP-Säle. Hier ist mangelnde Fachkenntnis nicht nur gefährlich für die Beschäftigten, sondern auch für alle anderen.”
Bereits am Sonntag führte der Interessenverband freier und unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e. V. (IFHandwerk) im Gegensatz dazu 11 Argumente gegen eine „Rückvermeisterung“ im Handwerk via öffentlicher Erklärung auf und richtete diese explizit gegen den seiner Meinung nach als “Meister-Lobby” agierenden Zusammenschluss der Befürworter.
Die Koalitionsarbeitsgruppe zur Reform der Handwerksordnung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nun gebeten einen Gesetzesentwurf zur Wiedereinführung der Meisterpflicht auf den Weg zu bringen, der ihrer Einigung folgt. Nach dem Beschluss der Bundesregierung folgen anschließend Beratungen im Bundestag und Bundesrat. Ziel der Verhandlungen ist eine Änderung der Handwerksordnung mit avisiertem Inkrafttreten bereits Anfang 2020.
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