Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz: Wann habe ich Anspruch?
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Wann habe ich als Unternehmer Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG?
Tätigkeitsverbote oder Betriebsschließungen, die "zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen" erteilt bzw. angeordnet wurden, erfasst in Deutschland das Infektionsschutzgesetz. In § 56 IfSG regelt der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Entschädigungsleistung, die bei entsprechender Vorlage an mit einem Tätigkeitsverbot beauflagte Unternehmen, Freiberufler, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu zahlen ist.
Wer ist antragsberechtigt?
Klar in diesem Zusammenhang ist § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz IfSG, der die Gruppe der Entschädigungsberechtigten wie folgt definiert:
"Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld."
Wie hoch ist die Entschädigung?
Die Entschädigungshöhe bemisst sich mit § 56 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz IfSG "nach dem Verdienstausfall".
Als Verdienstausfall gilt gemäß § 56 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz IfSG das Netto-Arbeitsentgelt sowie evtl. zuzüglich Kurzarbeitergeld oder Zuschuss-Wintergeld, Leistungen, auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht aus den in § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz IfSG genannten Gründen an seiner Arbeitsleistung verhindert wäre.
§ 56 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz IfSG regelt weitere Leistungen, die Berechtigte zuzüglich zu einer Entschädigungsleistung erhalten können. Dazu zählen die Erstattung von Mehraufwendungen, die Entschädigungsberechtigten innerhalb des Zeitraums des Tätigkeitsverbots entstehen, die "auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden." Darüber hinaus sollen "Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht" zuzüglich zu einer an die bestehende Einkommenssituation angepassten Entschädigung außerdem eine Ersatzleistung für "in dieser Zeit weiterlaufende nicht gedeckte Betriebsausgaben in angemessenem Umfang" erhalten.
Für welchen Zeitraum erfolgt die Entschädigungsleistung?
Der Arbeitgeber ist laut § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz IfSG angewiesen eine entsprechende Entschädigungsleistung für z.B. in Quarantäne abgesonderte Mitarbeiter "für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen (..) für die zuständige Behörde auszuzahlen". Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber prinzipiell "auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet." Wichtig zu wissen ist hier, dass § 56 Abs. 12 Infektionsschutzgesetz IfSG betroffenen Arbeitgebern zur Seite steht. Auf deinen Antrag hin muss die zuständige Behörde "einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages" gewähren.
Wann muss ich den Antrag auf Entschädigungsleistung spätestens stellen?
In § 56 Abs. 11 Infektionsschutzgesetz IfSG gibt der Gesetzgeber konkrete Hinweise zum Antragsverfahren für eine mögliche Entschädigungsleistung. Demgemäß sind "Anträge (..) innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung bei der zuständigen Behörde zu stellen". Den Anträgen beizufügen sind je nach Bezugsberechtigtem immer Verdienstnachweise wie folgt:
- eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Höhe des Netto-Arbeitsentgelts (für Arbeitnehmer)
- eine Bescheinigung des Finanzamts über die Höhe des letzten behördlich nachgewiesenen Arbeitseinkommens (für Selbständige)
Alles doch nicht so eindeutig?: Warum der Einzelfall so wichtig ist
Die Rechtsexperten der Hamburger Wirtschaftskanzlei Noerr sehen in ihrer Einschätzung vom 17. März den Anspruch auf Entschädigung nach IfSG für Betriebsschließungen in der aktuellen Corona-Krise schwer haltbar. Ursache hierfür sei, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen auf Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG getroffen worden seien. Für solche Maßnahmen gelte die Entschädigungsregelung des § 56 Abs. 1 IfSG "nach ihrem Wortlaut gerade nicht". Auch eine Ausweitung der Regelung des § 56 Abs. 1 IfSG auf die aktuell vorliegenden Maßnahmen sei "wegen des eindeutigen Wortlauts sowie aus systematischen und entstehungsgeschichtlichen Gründen" nicht möglich.
Die Autoren bringen in diesem Zusammenhang ein anderes Modell der Entschädigungsleistung ins Gespräch. Viele kleine Unternehmen, die aktuell vor schwierigen Zeiten, vielleicht sogar vor einer drohenden Insolvenz stehen, könnten sich womöglich auf "zumindest in Teilen unverhältnismäßig und damit rechtswidrig" erfolgte Betriebsschließungen berufen, um damit "Amtshaftungsansprüche oder Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff" geltend zu machen.
Aber auch hier gelten mit den Autoren Einschränkungen. Zu berücksichtigen sei, dass es bezüglich der von der Bundesregierung getroffenenen Schutzmaßnahmen sowie angeordneten Schließungen angesichts "der überragend wichtigen Schutzgüter und angesichts der unklaren Sachlage – insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der Infektionszahlen und Infektionswege" grundsätzlich "ein weites Ermessen" gäbe. Somit dürften die Maßnahmen zum jetzigen Kenntnisstand "überwiegend rechtmäßig" sein.
Die Autoren sehen den Gesetzgeber gefragt, der in der aktuellen Krise seine handlungspolitischen Spielräume nutzen kann. Abzuwarten bleibt, wie umfangreich die verantwortlichen Regierenden jetzt nach Einzelfallprüfung bei den zuständigen Landesbehörden davon Gebrauch machen werden.
Verdienstausfall: Welche Hilfen kann ich in der Corona-Krise in Anspruch nehmen?
Die Bundesregierung hat gemeinsam mit KfW-Förderbank sowie den Finanz- und Arbeitsbehörden ein erstes Maßnahmenpaket zur Unterstützung betroffener Unternehmer und Freiberufler auf den Weg gebracht. Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März 2020, Steuererleichterungen, Betriebsmitteldarlehen, Expressbürgschaften und eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zählen bislang dazu.
Aktuell abschließend diskutiert werden außerdem Lohnfortzahlungen für Arbeitnehmer, die aufgrund von Schul- und Kitaschließungen im HomeOffice einer Doppelbelastung unterliegen sowie die Aufstockung des Kurzarbeitergelds bei geringverdienenden Einkommensgruppen. Ebenso diskutiert werden weitere "existenzsichernde Hilfen" für kleine Unternehmen und Soloselbstständige.
Eine Übersicht der aktuell beschlossenen Liquiditätshilfen für betroffene Unternehmen in der Corona-Krise haben wir für dich zusammengefasst.
Weiterführende Informationen und Ansprechpartner
- Den vollständigen Wortlaut der Regelungen über eine mögliche Entschädigung nach § 56 IfSG kannst du hier nachlesen.
- Eine kritische Auseinandersetzung mit teils widerstreitenden Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz ist der Fachbeitrag der Wirtschaftskanzlei Noerr vom 17. März 2020. Noerr berät sowohl börsennotierte Konzerne, als auch mittelständische Unternehmen ebenso wie Finanzinstitute und -investoren.
- Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat zudem ein PDF veröffentlicht, welches die in Deutschland regional zuständigen Behörden auflistet, die für deinen Antrag auf Entschädigung nach IfSG zuständig sind. Niedergelassene Ärzte, die durch angeordnete Praxisschließungen eine Entschädigung beantragen wollen, aber auch jeder Unternehmer, der sich antragsberechtigt sieht, wendet sich zuerst an die im PDF genannten regionalen Ansprechpartner für Entschädigungen nach § 56 IfSG.
- Zugriff auf die Corona-Hilfen der Bundesregierung und KfW-Förderbank erhältst du individuell in Absprache mit dem von dir zuvor ausgewählten Finanzdienstleister, der die Anträge bei wohlwollender Prüfung an die KfW weiterleitet. Wenn du prinzipielle Fragen zu den einzelnen Liquiditästhilfen hast, kannst du die kostenfreie Servicenummer zur Corona-Hilfe der KfW kontaktieren. Die Experten der Förderbank beraten dich Montag bis Freitag 8:00 bis 18:00 Uhr unter 0800 539 9000.
- Wenn du Interesse an einer "Expressbürgschaft" der staatlichen Bürgschaftsbanken hast - schnelle Bürgschaftsentscheidungen durch die Bürgschaftsbanken innerhalb von drei Tagen und bis zu einem Betrag von 250.000 EUR - dann wende dich mit deinem Bürgschaftsantrag direkt an die für dich zuständige Bürgschaftsbank in deinem Bundesland.
- Zinsfreie Steuerstundungen haben die örtlichen Finanzämter auf Anweisung der Bundesregierung "unbürokratisch" zu gewähren.
- Für deinen Antrag auf Kurzarbeitergeld ist die Agentur für Arbeit am jeweiligen Unternehmensstandort zuständig. Bedenke, dass der Publikumsverkehr weitgehend eingestellt wurde und du deine Anfragen digital stellen musst.
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