Homeoffice-Pflicht und Flexible Arbeitsmodelle: Corona-Krise macht Unternehmen agil
Kostenfreie Tools. Unternehmerische Vorteile. Relevante News
Homeoffice-Pflicht für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Das gilt
Am Donnerstag ist die Bundesnotbremse und damit das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage vom Bundesrat gebilligt und mit der Unterschrift durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ratifiziert worden. Es gilt vorerst befristet bis zum 30. Juni 2021.
Enthalten ist neu die Verpflichtung für Arbeitnehmer, ein Angebot ihres Arbeitgebers auf Homeoffice anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Bislang galt diese Verpflichtung gemäß der Corona-Arbeitsschutzverordnung lediglich für Arbeitgeber und insoweit keine betriebsbedingten Gründe entgegen sprechen.
Homeoffice-Pflicht bis zum 30. Juni 2021: Was ändert sich?
Nach wie vor und nun verlängert bis zum 30. Juni gilt, dass Arbeitgeber allen Beschäftigten ein Angebot auf Homeoffice unterbreiten müssen, sofern es deren Tätigkeitsbereiche erlauben. Arbeitnehmer müssen dieses Angebot nun auch annehmen. Hierfür wurden die entsprechenden Regelungen zum Homeoffice in das Infektionsschutzgesetz und dort in den neuen § 28b Abs. 7 aufgenommen. Die Regeln in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wurden parallel hierzu gestrichen.
Welche Gründe sprechen gegen die Homeoffice-Pflicht?
Für Arbeitnehmer gilt:
Als legitime Gründe gegen die Annahme des Homeoffice-Angebots erkennt der Gesetzgeber folgende Ausnahmen an:
- Störung durch Dritte im Homeoffice
- Räumliche Enge
- Fehlender adäquater Arbeitsplatz
Für Arbeitgeber gilt:
Ausgenommen von der Homeoffice-Pflicht sind laut BMAS grundsätzlich folgende Tätigkeiten:
Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik etc., die grundsätzlich nicht im Homeoffice ausgeführt werden können, weil ansonsten der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden kann.
Büronahe Tätigkeiten, die sich zwar grundsätzlich für die Ausübung im Homeoffice eignen, aber ebenfalls zur Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts innerbetrieblich ausgeübt werden müssen. Das können z.B. sein:
- die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post,
- die Bearbeitung des Warenein- und Ausgangs,
- Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten,
- Materialausgabe,
- Reparatur- und Wartungsaufgaben (z.B. IT-Service),
- Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebes sowie
- u.U. die Sicherstellung der Ersten Hilfe
Zwingende betriebsbedingte Gründe gegen die Homeoffice-Pflicht sind weiterhin u.a.
- Es stehen nicht die nötigen Arbeitsmittel zur Verfügung.
- Es ist keine ausreichende IT-Infrastruktur vorhanden.
Sonstige organisatorische Gründe, die deiner Meinung nach gegen das Homeoffice-Gebot sprechen könnten, sind mit dem neuen Infektionsschutzgesetz nicht mehr ausreichend.
Vorsicht Haftungsrisiko: Das müssen Arbeitgeber beachten
Angesichts legitimer Ablehnungsgründe handelt es sich bei der neuen Homeoffice-Pflicht auf Seiten der Arbeitnehmer wohl weiterhin eher um ein Gebot, das wiederum für Arbeitgeber unangenehme Folgen haben könnte. Reichten Beschäftigte nun z.B. eine formlose Ablehnungsbegründung ein, mit dem Willen weiterhin in der Betriebsstätte arbeiten zu können, sieht der Arbeitsrechtler Gregor Thüsing Arbeitgeber mit einem wachsenden Druck konfrontiert:
Wenn diese einen Mitarbeiter aufs Gelände lassen, der eigentlich im Homeoffice arbeiten könnte, gehen sie nun ein Risiko ein.
- Gregor Thüsing, Universität Bonn in WELT (nicht barrierefrei)
Sollte dein Mitarbeiter z.B. mit dem Coronavirus infiziert sein und jemanden anstecken, könne der Arbeitgeber dafür haftbar sein. Umso wichtiger ist es jetzt, an die innerbetriebliche Solidarität zu erinnern, der Corona-Testpflicht verantwortungsvoll nachzukommen und gegebenenfalls für Anreize zu sorgen, sollte dies nicht ausreichen.
Corona-Krise: Flexible Arbeitsmodelle auf dem Vormarsch
Flexible Arbeitsmodelle sollten nicht unter Zwang entstehen müssen, leisten sie doch einen wesentlichen Beitrag für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Der Flexibilitätsindex von Aurum Interim Management in Zusammenarbeit mit der CBS International Business School zeigt, wie anpassungsfähig und agil mehr als 500 Führungskräfte und Manager unternehmensinterne Veränderungen während der Corona-Krise und im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 bewältigt haben.
Lag der Flexibilisierungsgrad der deutschen Wirtschaft 2019 noch durchschnittlich bei 3,67, sprang er im Jahr 2020 auf 4,47 von sechs möglichen Punkten. Ein deutlicher Anstieg, der nach Ansicht der Studieninitiatoren zeige, dass die meisten Unternehmen schnell auf die Corona-Krise reagiert haben. (vgl. den Original-Beitrag von Springer)
Welche Vorteile bieten mehr Agilität und Flexibilität für Unternehmen?
Während noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts der Wettbewerb vor allem von den Kosten (und ihrer Reduzierung) dominiert wurde, rückt heute zunehmend die Flexibilität als entscheidender Erfolgsfaktor in den Fokus der Aufmerksamkeit.
- aus: "Unternehmensflexibilität und personelle Flexibilisierungsstrategien in Deutschland" (Springer)
Die Gründe hierfür seien in einem sich immer schneller verändernden Marktumfeld mit vielen Unsicherheiten zu suchen, der vielzitierten VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity and ambiguity).
Es ist nicht länger die Frage, ob dein Unternehmen agil und flexibel werden soll, sondern wie. Agile Methoden und Flexibilität stehen in einem engem Zusammenhang mit deiner Unternehmens-Performance, sind also betriebswirtschaftlich relevant:
Die agile Organisation ist die evolutionäre Antwort auf ein Umfeld im Wandel.
- Agile Organisationsentwicklung beim Werkzeugmaschinenproduzenten Trumpf (Springer)
Flexibilitätsindex deutscher Unternehmen 2019-2020 / Quelle: Aurum Interim Management
Flexible Arbeitsmodelle im Unternehmen: Für Jeden etwas dabei
Gleitzeit und Teilzeit, Mehrarbeit und Arbeitszeitkonten: Viele Unternehmen nutzen bereits flexible Arbeitsmodelle. Andere Modelle, wie die Vertrauensarbeitszeit sind noch unterrepräsentiert. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin macht alle Interessierten vertraut mit der schrittweisen Implementierung neuer Arbeitsmodelle in kleinen und mittleren Unternehmen.
Von Themen des Arbeitsschutzes über die Einführung neuer Arbeitsmodelle anhand eines 9-Stufen-Plans (S. 19-20 im PDF) bis zur ausführlichen Vorstellung von sechzehn flexiblen Arbeitszeitmodellen finden Arbeitgeber hier einen guten Überblick und Handlungsempfehlungen für die eigene Unternehmensführung.
Hier geht´s zum Download des Leitfadens "Flexible Arbeitszeitmodelle - Überblick und Umsetzung".
Bild-Urheber:
iStock.com/LeoPatrizi