Jedes siebte Unternehmen von Insolvenz bedroht
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Jedes siebte Unternehmen sieht sich von Insolvenz bedroht
Jedes siebte Unternehmen beziehungsweise 14 Prozent der vom ifo-Institut befragten Unternehmen berichteten im Dezember 2021 von einer existenzbedrohenden Situation. Dies waren genausoviel wie ein halbes Jahr davor. In den verschiedenen Branchen gab es dabei jedoch grosse Unterschiede:
- Dienstleistungen / 20,4 Prozent
- Einzelhandel / 17,1 Prozent
- Grosshandel / 7,8 Prozent
- verarbeitendes Gewerbe / 5,7 Prozent
- Bauhauptgewerbe / 5,1 Prozent
Aber auch innerhalb der Branchen bewerteten die Unternehmen ihre Insolvenzgefahr sehr unterschiedlich, wie die folgenden Zahlen des insgesamt am stärksten betroffenen Dienstleistungssektors exemplarisch zeigen:
- Reisebüro- und Reiseveranstaltungsbereich / 73,2 Prozent
- Veranstaltungssektor / 67,4 Prozent
- Beherbergung / 58,8 Prozent
- Vermietung von beweglichen Sachen / 52,9 Prozent
- Gastronomie / 52,5 Prozent
- Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen / 45 Prozent
- sonstige Dienstleistungen / 28,7 Prozent
In einigen Branchen kann man somit von einer massiven Insolvenzblase ausgehen. Aber auch wenn einige Unternehmen ihre Situation überoptimistisch einschätzen sollten. Weitere Indikatoren zeigen das aktuell schwierige Umfeld der deutschen Wirtschaft auf.
Jeder vierte Kleinstunternehmer steht vor Aufgabe
Mit dem Jimdo-Geschäftsklima-Index ermittelt das ifo-Institut die Stimmung der kleinsten Unternehmen in Deutschland mit bis zu 9 Mitarbeitern und 2 Millionen Euro Jahresumsatz. Aufgrund der aktuell beteiligten Unternehmen zeigt der Index jedoch eher die Stimmung im Dienstleistungssektor auf.
Nach den aktuellen Einschätzungen, bewerten die kleinsten Unternehmen ihre aktuelle Lage merklich schlechter, während ihre Aussicht auf die kommenden Monate eher etwas positiver ist, aber immer noch im Minusbereich liegt.
So sehen sich 25 Prozent der Kleinstunternehmen in ihrer Existenz bedroht. Dies ist deutlich mehr als für die gesamte Wirtschaft, wo der Wert bei 14 Prozent liegt. Laut der Wirtschaftsforscher wird das Überleben für viele kleine Unternehmen umso schwieriger, je länger die Krise dauert.
Während das seit Ende 2019 börsennotierte Unternehmen BioNTech in nur zwei Jahren seinen Umsatz von 108,9 Millionen Euro im Jahr 2019 auf "vorerst" 13,4 Milliarden in den ersten drei Quartalen 2021 steigern konnte, leiden rund eine Million Kleinstunternehmer. BioNTech hat damit allein in 2021 rund ein Achtel des deutschen Bruttoinlandproduktes eingenommen. Selbst Makroökonomen reiben sich über diese rasante Einflussnahme die Augen.
Aber nicht nur BioNTech und seine Anteilseigner sind Profiteure der Krise. Auch andere grosse Hersteller und Händler haben zum Teil sogar unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfen noch Gewinnausschüttungen an ihre Investoren getätigt.
Bonitätsindex der Branchen verschlechtert sich
Der Bonitätsindex der Creditreform bewertet die Bilanzkennzahlen, die Eigenkapitalquote, das Zahlungsverhalten, Angaben zur Umsatzentwicklung und den Mitarbeitern einer Branche. Dieser ist vergleichbar mit der Notenskala in den Schule. Eine Branche mit der "Note" 100 hat demnach eine sehr gute Bonität und die mit 600 eine sehr schlechte.
Den schlechtesten durchschnittlichen Bonitätsindex hat im Jahr 2021 das Gastgewerbe aufgewiesen. Dieser hat sich von 278 in 2019 und 292 in 2020 auf aktuell 296 Punkte verschlechtert. Die Creditreform sieht diese verschlechterte Bonitätsentwicklung im Gastgewerbe durch die aktuell anhaltende Krise verursacht.
Die zweitschlechteste Bonität wird der Logistikbranche und den Unternehmen mit der Erbringung sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen mit einem Index von jeweils 275 Punkten im Jahr 2021 bescheinigt.
Die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen haben sich seit 2019 auf 271 Punkte verschlechtert. Branchen der Information und Kommunikation bis zu Kunst, Unterhaltung und Erholung haben sich seit der Krise auf jeweils 266 Indexpunkte verschlechtert.
Am wenigsten hat sich die Bonität in der Energieversorgung, dem Bergbau, Gesundheits- und Sozialwesen sowie dem verarbeitenden Gewerbe verschlechtert. Die Bonitätsbewertung in der Energieversorgung hat sich demnach nur um einen Punkt auf 251 verschlechtert. Der aktuelle Bonitätsindex im Industriebereich liegt bei 249, im Bergbau bei 225, im Gesundheitswesen bei 239.
Insolvenzen in 2021 von kleinen Unternehmen angeführt
Laut Creditreform haben die sonstigen Insolvenzen in 2021 einen Höchststand erreicht. In diese Rubrik zählen vor allem kleine Selbstständige, etwa aus dem Dienstleistungs- oder Handelssektor. In dieser wurden rund 31.300 Fälle gezählt, was eine Steigerung um über 70 Prozent bedeutet. Im Vorjahr lag die Zahl der sonstigen Insolvenzen noch bei einem Minus von 19 Prozent.
Im zweiten Krisenjahr "sei wohl manchem kleinen Selbstständigen die Luft ausgegangen". Deutschlands Insolvenzgeschehen sei schon immer von eher kleineren Betrieben geprägt gewesen. Mikro-Betriebe mit höchstens 100.000 Euro Jahresumsatz waren in 2021 mit rund 4.200 Insolvenzen und einer Steigerung um 1,4 Prozent betroffen.
Je grösser die Unternehmen, umso mehr nimmt die Insolvenzgefahr ab. Bei einer Umsatzgröße von mehr als 50 Millionen Euro sind die Insolvenzzahlen um 67 Prozent rückläufig.
Bei der Entwicklung der Insolvenzen, kann es wie im Handel zu vielen Fällen der "stillen Liquidation" kommen. Bei dieser werden aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten Unternehmen nicht mehr beliefert. Nach dem Ausverkauf werden diese Unternehmen einfach geschlossen.
Die Insolvenzen im verarbeitende Gewerbe gingen 2021 um knapp 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. In 2020 waren bei den Industrie- und Handwerksbetriebe noch 1.270 Fälle von einer Insolvenz betroffen. In 2021 dann nur noch 930. Im Bau nahmen die Insolvenzen um 5,4 Prozent ab. Der Dienstleistungssektor, welcher mit fast 60 Prozent am meisten vom Insolvenzgeschehen betroffen ist, zählte 2021 einen Rückgang an Insolvenzen um 11,2 Prozent.
Der Rückgang der Zahl an Unternehmensinsolvenzen könnte politisch zunächst optimistisch stimmen. Jedoch hat sich die Bonität in den von der Krise betroffenen Wirtschaftsbereichen teilweise stark verringert. Die Creditreform sieht daher in den rückläufigen Insolvenzzahlen noch keine Entwarnung, in welch schwieriger Lage sich die Unternehmen weiter befinden.
Es gilt also weiterhin achtsam zu sein sowie die Finanzierung des eigenen Unternehmens und damit auch sein Forderungsmanagement zum Schutz vor der Insolvenz von Geschäftspartnern im Griff zu haben.
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