Kleinunternehmerregelung in der Praxis
Businessplan Freiberufler
Die Kleinunternehmerregelung hat ihre juristische Verankerung in §19UStG und regelt im Kern die Anwendung der Umsatzsteuer auf erzielte Einnahmen. Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer abführen. Im Wortlaut des Gesetzgebers gilt diese Regel dann, „wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.“
Beide Bedingungen – der tatsächliche Umsatz des vorangegangenen Kalenderjahres und der voraussichtliche Umsatz des laufenden Kalenderjahres – müssen innerhalb der Bemessungsgrenzen erfüllt sein, damit die Kleinunternehmerregel gilt. Gründer, die ihr Geschäft nicht im Januar beginnen, müssen ihren voraussichtlichen bzw. tatsächlichen Umsatz aufs Jahr hochrechnen.
Die Kleinunternehmerregelung ist sinnvoll für
- Nebenberufliche Gründerinnen und Gründer
- Unternehmer/-innen mit vorwiegend Privatkunden
- Unternehmer/-innen ohne große Sachausgaben
Vorteile
- Administrative Entlastung durch Wegfall monatlicher Umsatzsteuervoranmeldung und vereinfachte Rechnungslegung
- Geringere Verbraucherpreise ermöglichen Wettbewerbsvorteil bei überwiegend Privatkunden
Nachteile
- Nicht vorsteuerabzugsberechtigt (betriebliche Ausgaben können nicht geltend gemacht werden)
Die Jahresumsatz-Grenze von 22.000 EUR beinhaltet alle umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen, die du als Unternehmer im Inland entgeltlich im Rahmen deines Unternehmens ausführst. Einkünfte aus mehreren Gewebebetrieben und / oder selbständigen Tätigkeiten innerhalb eines Kalenderjahres werden im Zuge dessen als umsatzsteuerpflichtige Einnahmen zusammengerechnet.
Als umsatzsteuerfreie Einnahmen und damit von der Kleinunternehmerregelung ausgenommen gelten hingegen z.B.
- Leistungen bestimmter Berufsgruppen (Ärzteschaft)
- Heilbehandlungen
- Innergemeinschaftliche Lieferungen innerhalb der Europäischen Union (EU-Exporte)
- Finanzdienstleistungen
- Erwerb, Vermietung und Verkauf von Grundstücken
Prinzipiell spricht das Umsatzsteuergesetz immer von Netto-Werten zuzüglich zu erhebender Umsatzsteuer. Da aber genau diese im Fall des Kleinunternehmers nicht erhoben wird, gilt die Einnahmen-Bemessungsgrenze von 22.000 EUR in deiner Kalkulation als (Brutto=Netto)-Jahresumsatzgrenze.
Lediglich im umgekehrten Fall, wenn ein zuvor regelbesteuerter Unternehmer in die Kleinunternehmerregelung wechseln möchte, gilt dies nicht. Dann müssen Umsätze des Vorjahres und zu erwartende Umsätze des laufenden Jahres zuzüglich der Umsatzsteuer in die Kalkulation einbezogen werden.
Eine Rückkehr in die Kleinunternehmerregel kann beim Finanzamt jederzeit beantragt werden. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn du im Vorfeld deiner Geschäftstätigkeit auf eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung freiwillig verzichtet hast. In diesem Fall ist eine Rückkehr erst nach Ablauf von 5 Jahren möglich.
Die Umsätze in kleinen Gewerken oder im Nebenerwerb können häufig Schwankungen unterliegen. Spätestens zum Ende des laufenden Kalenderjahres sollte in der Buchhaltung überprüft werden, ob die Bemessungsgrenzen der Kleinunternehmerregelung für das eigene Gewerbe noch maßgeblich sind. Stellt man dann im Zuge einer Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) fest, dass man den Freibetrag überschritten hat, so muss de facto ab dem neuen Jahr die Regelbesteuerung angewendet werden – inklusive Umsatzsteuer-Ausweisung und Vorsteueranmeldung.
Stellt man erst weit im neuen Geschäftsjahr fest, dass der Umsatz des vorangegangenen Jahres den Freibetrag überschritten hat und man zu Unrecht in Folge dessen von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht hat, werden die Dinge schnell kostspielig. Der rechnerisch in jedem Fall in den Umsatzerlösen enthaltene Umsatzsteueranteil muss dann nämlich nachträglich ans Finanzamt abgeführt werden.
- Einnahmenüberschussrechnung spätestens zum Ablauf des Geschäftsjahres erstellen
- Überprüfung der Umsatzmargen in Relation zur Bemessungsgrenze (es gilt Brutto=Netto)
- Bei zu erwartendem Übersteigen des Freibetrages ab dem neuen Geschäftsjahr Umsatzsteuer zzgl. zum Rechnungsbetrag ausweisen und die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt einreichen.
- Wenn du zudem glaubhaft versichern kannst, dass die den Freibetrag übersteigenden Umsätze des vergangenen Jahres unvorhergesehene Einnahmen waren, so kann der Gesetzgeber aus Kulanzgründen auf die Nachforderung aus diesem Zeitraum verzichten. Für die Nachforderung maßgeblich sind dann die Umsätze, die nach Bekanntwerden des Überschreitens aufgelaufen sind.
- Es besteht nachträglich außerdem immer die Möglichkeit fälschlich ohne Umsatzsteuer ausgewiesene Rechnungen korrigiert an den Kunden nachzuberechnen. Dieser administrative Mehraufwand mag im Falle von Rechnungen an Geschäftskunden u.U. gerechtfertigt sein. Diese haben durch ihr Recht auf steuerlichen Abzug in diesem Zusammenhang keinen finanziellen Mehraufwand zu tragen. Privatkunden hingegen werden deine Nachberechnung vornehmlich als Teuerungsrate verstehen und diese ablehnen.
Um derlei Verluste und Verstimmung unter deinen Kunden bereits im Vorfeld zu vermeiden, ist eine konstante einfache Buchführung bzw. ein quartalsweiser EÜR-CheckUp zur Kontrolle der Bemessungsgrenze dringend anzuraten.
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