Materialengpässe im Handwerk: Wer trägt die Kosten?
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Materialengpässe und Preissteigerung: Wer zahlt die Mehrkosten?
Unverschuldet geraten viele kleine Handwerksunternehmen aktuell aufgrund von Lieferengpässen und gestiegenen Materialpreisen in eine prekäre Wirtschaftslage. Meisterbetriebe fragen sich zu Recht: Wer soll das bezahlen? Ob gestiegene Kosten an Kunden weitergereicht werden dürfen, kann nur im Einzelfall beantwortet werden.
Diese vertragsbildenden Faktoren sind ausschlaggebend:
Preissteigerungen im Fall von laufenden Bauverträgen
Im Fall bereits geschlossener Verträge, die sich aktuell in der Durchführungsphase befinden, sind Handwerksbetriebe grundsätzlich an die vereinbarten Preise gebunden.
Ausnahmen gelten u.a.:
- Der Vertrag enthält eine wirksame Preisgleitklausel.
- Der Vertrag folgt den Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen VOB/B.
Im zweiten Fall können Auftragnehmer unter Umständen von einem Sonderkündigungsrecht nach § 6 Abs. 7 VOB/B Gebrauch machen. Dies gilt allerdings nur bei Unterbrechung oder Verzögerung der Leistungen von mindestens drei Monaten. Das Sonderkündigungsrecht erfordert dabei nicht, dass die Arbeiten bereits angefangen wurden. Entscheidend ist, dass sich der vertragliche Beginn um mehr als drei Monate verschiebt.
Vorsicht: Das Sonderkündigungsrecht gilt eingeschränkt bei reinen BGB-Verträgen und sofern es hier gesondert vereinbart worden ist.
Preissteigerungen aufgrund von Höherer Gewalt
Im Fall von Marktstörungen und Lieferengpässen, die Lieferanten nicht verschuldet haben, wohl aber zu Enpässen und im Zuge dessen Preissteigerungen auf Seiten der Auftragnehmer führen, müssen Handwerksbetriebe entweder eine einvernehmliche Lösung mit dem Auftraggeber herbeiführen oder die gestiegenen Kosten selber tragen. Lieferanten haben sich in ihren AGB im Regelfall für solche Fälle abgesichert. Es empfiehlt sich dennoch, die Wirksamkeit dieser AGB-Klauseln in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen.
Preissteigerungen verhindern: Angebot befristen und Einkaufspreis zusichern lassen
Um vor Mehrbelastungen durch Preissteigerungen besser geschützt zu sein, sollten kleine Handwerksbetriebe ihre Angebote zeitlich befristen und sich Materialpreise von ihrem Lieferanten verbindlich zusichern lassen. Schau dir in jedem Fall die AGB deines Lieferanten an. Hier finden sich im Zweifelsfall ein Kündigungs- oder einseitiges Preisanpassungrecht, das bei unvorhergesehenen Umständen – wie etwa höherer Gewalt – eine einseitige Preiserhöhung gestattet. Die Wirksamkeit solcher AGB-Klauseln prüft dein Rechtsanwalt im Einzelfall.
Praxistipp: Betriebe sollten auch darauf achten, dass ihre Bindungsfrist im Angebot gegenüber dem Kunden gleichlaufend ist mit der Frist für die Zusicherung der Preise vom Lieferanten. Wenn sich dein Lieferant sechs Wochen an die Preise bindet, sollte auch das Angebot für deine Kunden nicht länger als sechs Wochen verbindlich sein.
Mehr Handlungsspielraum durch "freibleibende Angebote"
Enthält dein Angebot den Zusatz "freibleibend", sichern sich Betriebe zusätzlichen Planungsspielraum, indem sie den eigentlichen Vertragsschluss nach hinten verschieben. Kommt es zu Preissteigerungen bei der Materialbeschaffung, die nicht länger den angebotenen Kundenpreis rechtfertigen, unterlässt du einfach die Auftragsbestätigung und der Vertragsschluss kommt nicht zustande. Wichtig ist in diesem Fall, dass Kunden in der Angebotsbeschreibung von Anfang an sichtbar erkennen können, dass es sich bei diesem Angebot um ein unverbindliches und daher "freibleibendes" handelt.
Musterformulierungen für Preisgleitklauseln
Preisgleitklauseln in Bezug auf die Materialkosten stellen eine weitere Alternative dar, um sich gegen unverschuldete Mehrbelastungen aufgrund von Preissteigerungen abzusichern. Hier gilt es jedoch vorsichtig zu agieren, da der Gesetzgeber Stoff- oder Materialpreisgleitklauseln im Privatkundengeschäft streng bewertet.
Die Aufnahme von Preisgleitklauseln in deine AGB ist in der Regel unwirksam. Wenn überhaupt, solltest du solche Vereinbarungen individuell mit deinen Kunden aushandeln und vereinbaren.
Bei der Formulierung rechtswirksamer Preisgleitklauseln in Angeboten und Bauverträgen kann folgendes Muster als Orientierung dienen:
Ändern sich für das Bauvorhaben XYZ die Markt- oder Einkaufspreise der Materialien aus dem Angebot des Auftragnehmers vom tt.mm.jjjj zum Zeitpunkt der Ausführung um mehr als 5%, ändern sich die vertraglichen Materialpreise der jeweiligen Position entsprechend, vorausgesetzt die Änderung ist nachweislich nicht auf Umstände zurückzuführen, die der Auftragnehmer einseitig zu vertreten hat. Das gilt für Erhöhungen und Senkungen gleichermaßen.
- Anna Rehfeldt, LL.M., Rechtsanwältin
Soll eine Preisgleitklausel mit dem Ablauf der Bindungsfrist im Angebot des Auftragnehmers kombiniert werden, bietet die folgende Formulierung Rechtswirksamkeit:
Die im Angebot vom tt.mm.jjjj benannten Preise zum Bauvorhaben XYZ sind Festpreise, sofern der Baubeginn/ Fertigstellung bis spätestens tt.mm.jjjj erfolgt. Nach Ablauf der Frist gilt: Ändern sich für das Bauvorhaben XYZ die Markt- oder Einkaufspreise der Materialien aus dem Angebot des Auftragnehmers vom tt.mm.jjjj zum Zeitpunkt der Ausführung um mehr als 5%, ändern sich die vertraglichen Materialpreise der jeweiligen Position entsprechend, vorausgesetzt die Änderung ist nachweislich nicht auf Umstände zurückzuführen, die der Auftragnehmer einseitig zu vertreten hat. Das gilt für Erhöhungen und Senkungen gleichermaßen.
- Anna Rehfeldt, LL.M., Rechtsanwältin
Die juristischen Hinweise für kleine Handwerksbetriebe folgen dem Rat von RA Anna Rehfeldt, LL.M. in Handwerksblatt.
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