Entlastungen für Unternehmen in der Energiekrise
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MPK-Beschluss: Diese Unternehmenshilfen kommen
Am 31. Oktober hat die Gaskommission ihren Abschlussbericht vorgelegt und damit ihre Vorschläge für Entlastungsmaßnahmen in der Energiekrise finalisiert. Vergangenen Mittwoch trafen sich hierauf die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), um über die Details der Finanzhilfen sowie deren Lastenverteilung zu beraten.
Nicht in allen Punkten konnte bereits eine Einigung erzielt werden (u.a. zur Lastenverteilung des Härtefallfonds für kleine Unternehmen in Höhe von 1 Mrd. Euro). Fest stehen indes die Bedingungen für Gaspreisbremse, Strompreisbremse sowie der Dezember-Einmalzahlung.
Folgende Entlastungen bündelt der MPK-Beschluss und sollen nun „mit dem notwendigen Tempo“ bei Privatverbrauchern und Unternehmen ankommen.
1. Dezember-Soforthilfe Gas und Wärme
Die Dezember-Soforthilfe dient als finanzielle Überbrückung für alle Kunden, für die eine Gas- und Wärmepreisbremse ab März 2023 umgesetzt wird. Alle Akteure – Versorger, Banken und staatliche Stellen sind aufgerufen, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung, die Entlastungen auch administrativ rechtzeitig zu ermöglichen. Ziel ist es, dass möglichst bereits ab Mitte November 2022 Anträge der Erdgas- und Wärmeversorger möglich sind.
Wer hat Anspruch?
Haushaltskunden sowie Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1,5 Mio. kWh werden im Monat Dezember einmalig entlastet.
Dies sind in Bezug auf Gas:
- Letztverbraucher, die über Standardlastprofile (SLP) abgerechnet werden
- Letztverbraucher, die über eine registrierende Leistungsmessung (RLM) abgerechnet werden und deren Jahresverbrauch 1.5 Mio. kWh Gas nicht überschreitet, soweit sie das Erdgas nicht für den kommerziellen Betrieb von Strom- oder Wärmeerzeugungsanlagen nutzen.
Dies sind in Bezug auf Wärme:
- Alle Kunden, die mit einem Wärmeversorgungsunternehmen einen Wärmeliefervertrag abgeschlossen haben und deren Jahresverbrauch 1,5 Mio. kWh Wärme nicht überschreitet. Unabhängig vom Jahresverbrauch sind zudem Kunden erfasst, die die bezogene Wärme im Zusammenhang mit der Vermietung von Wohnraum an ihre Mieter weitergeben sowie staatliche, staatlich anerkannte oder gemeinnützige Einrichtungen des Bildungs- Wissenschafts- und Forschungsbereichs.
Sonderfall medizinische, Sozial- und Bildungseinrichtungen:
Bestimmte Einrichtungen aus den Bereichen Soziales, medizinische Versorgung und Pflege sowie Bildung/Wissenschaft/Forschung erhalten ebenfalls die Soforthilfe, auch wenn ihr Jahresverbrauch 1,5 Mio. kWh Gas überschreitet.
Dazu zählen:
- zugelassene Pflege-, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, die im Aufgabenbereich des Sozialgesetzbuchs soziale Leistungen erbringen
- staatliche, staatlich anerkannte oder gemeinnützige Einrichtungen des Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereichs
- Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation,
- Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation,
- Werkstätten für Menschen mit Behinderungen oder andere Leistungsanbieter
Dazu zählen nicht:
Zugelassene Krankenhäuser erhalten keine Dezember-Soforthilfe. Für sie soll eine Lösung über andere Regelungen gefunden werden.
Was müssen Gas- und Fernwärmekunden jetzt tun?
- Bei erteilter Einzugsermächtigung: Wenn du deinem Gaslieferanten eine Einzugs-Ermächtigung erteilt hast, musst du nichts weiter tun, dann ist der Lieferant in der Pflicht.
- Bei erteiltem Dauerauftrag: Daueraufträge können nur von dir selbst angepasst werden. Entweder du änderst diesen für den Monat Dezember oder der zu viel überwiesene Betrag wird seitens Versorger in der Jahresabrechnung verrechnet.
- Bei monatlicher Einzelüberweisung: Im Dezember muss kein Abschlag erfolgen.
- Bei jährlicher Betriebskostenabrechnung: Bei Mieterinnen und Mietern, deren Verbrauch von Gas oder Fernwärme erst mit zeitlicher Verzögerung über die jährliche Betriebskostenabrechnung des Vermieters abgerechnet wird, erfolgt die Entlastung über eine Gutschrift auf die Betriebskostenabrechnung.
- Bei Erhöhung der Abschläge in 2022: Hast du bereits eine Erhöhung der Abschläge in 2022 erhalten, wirst du im Dezember um diese Erhöhung einmalig entlastet.
Muss ich die Dezember-Soforthilfe versteuern?
Sämtliche Steuerpflichtige, welche die Ergänzungsabgabe auf die Einkommensteuer (Solidaritätszuschlag) entrichten, müssen die finanzielle Unterstützung im Rahmen der Gaspreisbremse versteuern. Seit 2021 zahlen den Soli nur noch folgende Personengruppen:
- Besserverdienende: Seit 2021 wird kein Solidaritätszuschlag mehr erhoben, wenn die zu zahlende Lohn- oder Einkommensteuer unter 16.956 beziehungsweise 33.912 Euro (Einzel-/Zusammenveranlagung) liegt (Freibetrag). Oberhalb dieser Grenze setzt die sogenannte Milderungszone ein, in der der Solidaritätszuschlag nicht in voller Höhe erhoben, sondern schrittweise an den vollen Satz in Höhe von 5,5 Prozent herangeführt wird. Auf sehr hohe Einkommen (oberhalb der neuen Milderungszone) ist der bisherige Solidaritätszuschlag unverändert zu entrichten. Das ist der Fall, wenn das zu versteuernde Einkommen über 96.820 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 193.641 Euro (Verheiratete) liegt.
- Anleger, die ihren Sparerfreibetrag ausgeschöpft haben: Pro Sparer/-in sind 801,00 EUR Kapitalertrag steuerfrei.
- GmbHs und andere Körperschaften: Kapitalgesellschaften zahlen keine Einkommensteuer und sind deshalb von der Soli-Reform nicht betroffen. Kapitalgesellschaften zahlen also weiterhin den vollen Solidaritätszuschlag. Ausnahmen gelten für Geschäftsführer/-innen einer Kapitalgesellschaft. Sie bekommen ein Gehalt, das der Einkommensteuer unterliegt. Liegt dein Geschäftsführer-Gehalt oberhalb der genannten Freigrenze, musst du den Soli weiterhin zahlen. Merke: Das Gehalt mindert den Gewinn der Kapitalgesellschaft. Da der Gewinn die Bemessungsgrundlage für die Höhe des Solidaritätszuschlags bei Kapitalgesellschaften ist, profitieren je nach Fall also Kapitalgesellschaft und Geschäftsführer/-innen.
2. Gaspreisbremse rückwirkend ab 1. Februar 2023
Gas- und Strompreisbremse folgen im zweiten Schritt auf die Dezember-Soforthilfe. Die Gaspreisbremse wird wie von den Expertinnen und Experten der Gaskommission vorgeschlagen, zum 1. März 2023 eingeführt. Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird laut MPK-Beschluss angestrebt. Die Bremse wirkt für Gas und Fernwärme und soll bis April 2024 gelten
Wer hat Anspruch?
Eingeschlossen sind wiederum Verbraucherinnen und Verbraucher im sogenannten Standardlastprofil (SLP) sowie Verbraucherinnen und Verbraucher (außer Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen) mit registrierter Leistungsmessung (RLM), sofern ihr Verbrauch unter 1,5 Gigawattstunden pro Jahr liegt. Dies gilt für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ebenso wie für Vereine etc.
Wie hoch ist die Entlastung?
Für Verbraucherinnen und Verbraucher soll eine regelmäßige monatliche Entlastung greifen, die sich an 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs bemisst. Als Vorjahresverbrauch gilt die Jahresverbrauchsprognose, die der Abschlagszahlung für den September 2022 zugrunde gelegt wurde.
Der Gaspreis wird für diesen Verbrauch auf 12 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Bei der Wärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde.
3. Strompreisbremse ab 1. Januar 2023
Die Strompreisbremse soll zum 1. Januar 2023 entlastend wirken. Der Strompreis soll hierfür bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Die Differenz zwischen dem zu zahlenden Marktpreis und der Deckelung wird als Entlastung monatlich von den Versorgern direkt mit dem Abschlag verrechnet. Die Strommenge für diese Entlastung orientiert sich an einem Grundkontingent in Höhe von 80 Prozent der Jahresverbrauchsprognose, die der Abschlagszahlung für den September 2022 zugrunde gelegt wurde.
Sonderkonditionen für die Industrie
Bei Industrieunternehmen werden die Strompreise bei einem Betrag von 13 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs.
Kein weiterer Anstieg der Netzentgelte in 2023
Darüber hinaus will die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass die Netzentgelte im Jahr 2023 nicht weiter steigen werden. Zur
Finanzierung der Entlastungen im Strombereich sollen dafür befristet Zufallsgewinne bei der Stromerzeugung sowie bei Gas-, Öl- und Kohleunternehmen sowie Raffinerien abgeschöpft.
4. Härtefallfonds in Höhe von 12 Milliarden Euro
Der Härtefall-Fonds soll greifen, wenn die Entlastungen aus der Gas- und Strombremse nicht ausreichen. Dafür vorgesehen sind zwölf Milliarden Euro, wovon acht Milliarden Euro bereits für Krankenhäuser verplant sind.
Härtefallhilfen auch für Besitzer von Öl- und Pelletsheizungen
Mittel aus dem Härtefall-Fonds sollen auch für Besitzer von Öl- und Pelletsheizungen greifen. Mieterinnen und Mieter, die durch Aufwendungen für die Bevorratung dieser Heizmittel finanziell stark überfordert sind, werden entlastet. Gleiches gilt für selbstgenutztes Wohneigentum, bei dem die Bevorratung dieser Heizmittel zu unzumutbaren Belastungen führt.
5. Härtefallhilfen für KMU in Höhe von 1 Milliarde Euro
Kleine und mittlere Unternehmen, die trotz Strom- und Gaspreisbremse von besonders stark gestiegenen Energiekosten betroffen sind, sollen ebenfalls entlastet werden. Sofern Antragstellung und Abwicklung der Härtefallregelung über die Länder erfolge, erklärt der Bund seine Bereitschaft, für eine solche Härtefallregelung eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Die Mittel hierfür stammen ebenfalls aus dem Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beauftragen die Konferenz der Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister, bis zum 1. Dezember 2022 einen Vorschlag für eine solche Härtefallregelung vorzulegen.
– MPK Beschluss
6. Unterstützung für Kultureinrichtungen
Über den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds sollen außerdem gezielte Hilfen für Kultureinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Details hierüber sind noch offen.
7. Flankierende Maßnahmen
Laut § 38 des Energiewirtschaftsgesetzes sind Haushalte und Kleinstbetriebe in Niederspannung oder Niederdruck und einem jährlichen Gasverbrauch von bis zu 10.000 Kilowattstunden berechtigt, in die Ersatzversorgung zu fallen. In diesem "Sicherheitsnetz" werden Kunden drei Monate lang weiterhin mit Gas versorgt. Danach kann die beschriebene Gruppe in die Grundversorgung gehen. Anderen Unternehmen bietet sich diese Möglichkeit nicht; sie kommen zwar ebenfalls in den Genuss der Ersatzversorgung, werden aber nach Ablauf der drei Monate nicht gesichert vom Grundversorger mit Gas beliefert.
Jedes Unternehmen hat ein Anrecht auf Gasversorgung
Angesichts der derzeitigen Schwierigkeiten für Betriebe, Gasverträge abzuschließen, fordert die Kommission die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu beschließen. Ab dem 1. Januar 2023 soll sichergestellt werden, dass jedem Unternehmen hinsichtlich seiner beabsichtigten Gasversorgung ein Angebot unterbreitet wird. Dafür soll die Bundesregierung liquiditätsstützende Maßnahmen für Energieversorger einführen, um zu verhindern, dass diese sich aufgrund zu hoher Liquiditätsanforderungen für die Energiebeschaffung vom Markt zurückziehen und keine Lieferverträge mehr anbieten.
Falls Unternehmen zum Ende des Jahres 2022 kein Angebot für einen Gasliefervertrag zu aktuellen, marktgerechten Konditionen unterbreitet wird, soll die Bundesregierung Maßnahmen treffen, zum Beispiel den Energieversorger gegen Ausfallrisiken schützen.
MPK-Beschluss: Alle Maßnahmen im Überblick
Hier findest du den vollständigen MPK-Beschluss als PDF zum Download.
Die Zeit drängt: Verbände fordern Tempo bei der Umsetzung
Vorsichtig optimistisch äußern sich Vertreter aus der Wirtschaft zu den gefundenen Entlastungsmaßnahmen. Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks fordert „Tempo bei der Umsetzung“, damit die Entlastungswirkungen nun auch so schnell wie möglich für kleine Betriebe zum Tragen kommen:
Die Politik hat sich bewegt, zwar langsam, aber sie greift nach und nach das auf, was wir wiederholt vorgeschlagen haben und was unsere Betriebe brauchen, um ihre Existenz zu sichern. Die Erstattung der Gaskosten im Dezember, das Greifen der Strompreisbremse ab Januar, die Gaspreisbremse ab März, die dann auch rückwirkend ab Februar 2023 greifen soll – all das kommt zwar spät, aber es kommt.
– Statement ZDH zum MPK-Beschluss
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